Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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classischen, als in der christlich-scholastischen Philosophie, soweit 
diese die Natur betrachtet, der Hauptgesichtspunkt auf die For 
men der Dinge. Hier trifft Leibniz seine geschichtliche Verwandt 
schaft. Wie er gegen Spinoza die Partei der Atomisten ergriffen 
hatte, so ergreift er gegen die gesammte Corpuscularphilosophie, 
gleichviel ob sie cartcsianisch oder atomistisch gesinnt ist, die Par 
tei der Scholastik und der Griechen, vor allem die des Plato und 
Aristoteles. 
Die Form soll nicht als Modisication, sondern als Sub 
stanz begriffen werden, denn die Form ist den Dingen nicht zu 
fällig, sondern wesentlich; sie ist nicht accidentell, sondern sub 
stanziell. Eben in diesem Begriffe „substanzieller Formen" macht 
Leibniz mit jenen Systemen gemeinschaftliche Sache gegen die 
materialistische Philosophie seines Zeitalters, welche in den For 
men nichts Selbständiges und Substantielles zu erblicken ver 
mochte, darum die Formbegriffe gleich den Gattungsbegriffen 
(notione8 universales) für unklare und wesenlose Vorstellungen 
erklärte und besonders die Lehre von den substanziellen Formen 
als einen der unfruchtbarsten Schulbegriffe der Vergangenheit, 
als eine vernunftwidrige Ueberlieferung verachtete*). Dieser Be 
griff wird jetzt von Neuem entdeckt. Mit ihm soll auch seine ge 
schichtliche Vergangenheit wieder anerkannt und die antike Philo 
sophie im Angesicht der neuern gleichsam „rehabilitirt" werden. 
Es ist keine gewöhnliche Nachahmung, sondern naturgemäße 
Verwandtschaft, daß Leibniz den Begriff der Substanz im Geiste 
der Alten denkt und sich dem Sprachgebrauchc derselben anschließt. 
„Es fällt mir nicht ein," so schreibt er an Sturm, „das Wort 
Substanz in einem andern Sinne zu brauchen, als dem alther- 
*) Systeme nouveau de la nature. Nr. 3. Op. phil. pg. 124.
	        
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