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und Materiellen, zwischen Geistern und Körpern, zwischen Den
ken und Ausdehnung; daß man darauf bedacht war, diese ab-
stracte Trennung festzuhalten, die Seelenlehre rein idealistisch,
die Körperlehre rein materialistisch auszubilden; daß aus diesem
Grunde die thatsächliche Vereinigung von Geist und Körper ent
weder mit den Occasionalisten für ein immerwährendes Wunder
oder mit Spinoza für ein ewiges Axiom erklärt werden mußte.
Dieser Gegensatz nun ist aufgehoben im Princip
der leibnizischen Philosophie. Er ist aufgehoben im Be
griffe der Kraft. Da nämlich die Kraft als solche immateriell
ist, so schließt sie Alles in sich, das unter den Begriff des
Immateriellen fällt, alle geistigen und denkenden Vermögen;
und zugleich enthält sie die Natur des Körpers, weil diese ohne
Kraft nicht gedacht werden kann. Daraus folgt, daß die Kraft
die Natur der Geister und Körper, also das einmüthige Wesen
aller Dinge ausdrückt und mithin dem Begriffe der Substanz
gleichgesetzt werden muß: die Kraft muß als Substanz,
und dieSubstanz kann nur als Kraft gedacht wer
den. Wenn nämlich die Substanz das ursprüngliche Wesen der
Dinge bezeichnet, dessen Begriff nicht von dem eines andern
Dinges abhängt, so kann sie niemals durch die Ausdehnung be
stimmt werden, denn es hat sich gezeigt, daß die Ausdehnung
nichts Ursprüngliches ist, sondern, um erklärt zu werden, den
Begriff der Kraft verlangt. Darum geschah es, wie sich Leib-
niz sehr bezeichnend ausdrückt, „pruepostere", daß Descartes
das Wesen der Körper in die bloße Ausdehnung setzte*). Viel
mehr ist das wahrhaft Ursprüngliche, ohne welches weder die Gei-
*) De primae philosophiae emendatione et de notione sub-
stantiae. Op. phil. pg. 122. Vgl. Examen des principes du
Pere Malebranche. Ebendaselbst, pg. 690. 691.