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Wenn aber von den beiden Fällen der eine nicht gilt, so
ist auch der andere damit aufgehoben oder wenigstens modisicirt,
so muß die Natur der Geister und Körper, also überhaupt das
Wesen der Dinge anders gedacht oder, was dasselbe heißt, der
Begriff der Substanz umgebildet werden. Denn ein anderer
Körper ist auch ein anderer Geist. ein anderes Princip der Kör
perlehre ist zugleich ein anderes der Seelenlehre.
Fassen wir die Frage zunächst aus dem Gesichtspunkte der
Körperlehre, so wird sie lauten: sind die Körper nur ausge
dehnt? Sie sind es nicht, wenn es innerhalb der Körperwelt
Thatsachen, schlechthin gewisse Thatsachen giebt, welche niemals
aus der bloßen Ausdehnung folgen. Oder darf die Naturwissen
schaft, wenn sie wirklich die Erscheinungen der Körper erklären
will, nur Corpuscularphysik sein? Sie darf es nicht sein,
wenn sich in den Körpern Erscheinungen, von ihr selbst ancr-
kannnte Erscheinungen finden, die aus den Beschaffenheiten der
bloßen Materie nicht können begriffen werden.
L. Die widersprechende Thatsache.
Wenn die Ausdehnung allein das Wesen der Körper aus
macht, so erklären sich daraus nur die rein geometrischen Be
schaffenheiten der Körper: sie sind Größen, welche getheilt, ge
staltet, bewegt werden können, aber die bestimmte Größe und
die bestimmte Figur folgen aus der bloßen Ausdehnung eben so
wenig als die wirkliche Bewegung. Die Körper sind lediglich
passiv: sie verhalten sich nur empfangend, und sie empfangen
Alles von Außen; sie werden sich bewegen kraft des Stoßes, den
sie von Außen empfangen, und sie werden diese Bewegung ins
Endlose fortsetzen, wenn nicht ein anderer Stoß diese fortgesetzte
Bewegung aufhebt und den Körper zwingt, in den Zustand der
Fischer, Geschichte der Philosophie. II. — 2. Auflage. 20