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niffe bezeichnete Schauplatz. Von hier aus konnte das Eini-
gungswerk, wenn es glücklich von Statten ging, sich über Deutsch
land ausbreiten und nicht bloß den deutschen, sondern den euro
päischen Protestantismus in Betracht ziehen. Man konnte an eine
allgemeine evangelische Kirche denken, welche die protestantischen
Völker in sich vereinigte. Und hier kamen zunächst die Schweiz,
Holland und England in Frage, namentlich England durch das
Beispiel einer geordneten und dem Königthum ergebenen Natio
nalkirche, die in ihrer Glaubensverfaffung selbst eine ausglei
chende Mitte hielt in dem Gegensatz der protestantischen Parteien.
Und nach der Vertreibung der Stuarts lagen auch hier, unter
der Regierung des Oraniers, die Verhältnisse günstiger als je
für die Sache des durch Einigung zu stärkenden und zu einer
allgemeinen Kirche zu gestaltenden Protestantismus. Der Sohn
des großen Kurfürsten, Friedrich III von Brandenburg, der die
Dinge fast nur nach dem Nimbus zu schätzen wußte, den sie auf
ihn zurückwarfen, wünschte den Ruhm und Nutzen einer solchen
Friedensstiftung zu ernten und betrieb das protestantische Versöh
nungswerk nicht bloß im Sinn gegenseitiger Duldung, sondern
wirklicher Einigung. Er wollte die Union und gewann dafür
auch die Theilnahme des ihm verwandten lutherischen Hofes von
Hannover. So kam es zu Unionsverhandlungen zunächst zwi
schen Berlin und Hannover, bei denen Leibniz vermöge seiner
Stellung und Einsicht rathgebend und vermittelnd wirksam war.
Unter den Theologen, die in der Führung jener Unionsverhand
lungen hervortraten, sind auf der brandenburgischen Seite beson
ders der reformirte Hofprediger Iablonski, auf der hannö-
ver'schen der uns bekannte lutherische Abt Molanus und die
Helmstädter Professoren bemerkenswerth, die im Gegensatz zu
den Wittenbergern die lutherisch duldsamen sind.