Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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nahm seinem Aufenthalte in Berlin den größten Reiz und zugleich die 
mächtigste Stütze. Es war der schmerzlichste Verlust, den er in 
seinem Leben erfuhr. Die Anerkennung, wie viel in dieser Für 
stin Leibniz verloren hatte, war so allgemein, daß ihm die fremden 
Gesandten förmliche Condolenzbesuche abstatteten. Die Köni 
gin Sophie Charlotte wußte den großen Philosophen zu wür 
digen. Sie liebte und suchte die Wahrheit eben so sehr, als der 
König die Pracht. Auf ihrem Sterbebette, so erzählt ihr philo 
sophischer Enkel, Friedrich der Große, soll sie zu einer ihrer 
Frauen, die in Thränen zerfloß, gesagt haben: „beklagen Sie mich 
nicht, denn ich gehe jetzt, meine Neugier zu befriedigen über 
Dinge, die mir Leibniz nie hat erklären können, über den Raum, 
das Unendliche, das Sein und das Nichts; und dem Könige, 
meinem Gemahl, bereite ich das Schauspiel eines Leichenbegäng 
nisses, welches ihm neue Gelegenheit giebt, seine Pracht zu ent 
falten." „Diese Fürstin," sagte Friedrich der Große, „hatte 
das Genie eines großen Mannes und die Kenntnisse eines Ge 
lehrten; sie glaubte, daß es einer Königin nicht unwürdig wäre, 
einen Philosophen zu schätzen. Dieser Philosoph war Leibniz, 
und wie Diejenigen, welche vom Himmel privilegirte Seelen er 
halten haben, den Königen gleich werden, so schenkte sie ihm 
ihre Freundschaft." — Wenn Leibniz unter dem Schutze der 
Königin das ganze Ansehen seiner Doppelstellung genossen hatte, 
so sollte ihm bald nach ihrem Tode die mißliche Seite dieses di 
plomatischen Zwischenlebens fühlbar werden. Mißtrauen und Ei 
fersucht wurde von beiden Seiten, am Hofe zu Hannover wie zu 
Berlin, gegen ihn rege gemacht, und die argwöhnische Atmo 
sphäre, die ihn zuletzt in Berlin umgab, verleidete ihm den dorti 
gen Aufenthalt so, daß er Berlin im Jahre 1711 für immer ver 
ließ. Sogar seine eigene Schöpfung, die Societät der Wissen
	        
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