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Von jetzt an war Leibniz nur noch dem Namen nach in mainzi-
schen Diensten; im Uebrigen erhielt er von Mainz weder Aufträge
noch Einkünfte mehr; nicht einmal der rückständige Gehalt wurde
ihm gezahlt, seine Bitten wurden im Hinblick auf die herrschende
Geldnoth abschlägig beschieden, und der ihm wohlgesinnte Schön
born selbst mußte Leibniz zuletzt den schlechten Trost geben, daß
die Freigebigkeit der Fürsten nicht über den Ruin ihrer Staaten
hinausreiche*). Unter diesen Umständen konnte Leibniz in die
mainzischen Verhältnisse nicht wohl zurückkehren, und da seine
eigenen Vermögensumstünde ihm nicht erlaubten, sich durch den
Kauf einer einträglichen Stelle in Paris anzusiedeln, so mußte
ihm zuletzt der Ruf eines deutschen Fürsten, der ihm ein Amt
und Einkünfte anbot, willkommen sein.
2. Boineburgs Forderungen.
Die beiden politischen Hauptgeschäfte, mit denen Leibniz im
ersten Jahr seines pariser Aufenthalts zu thun hatte, waren das
ägyptische Project und die mainzische Gesandtschaft. Daneben
hatte er persönliche Aufträge von Boineburg, die ihn von ver
schiedenen Seiten in Anspruch nahmen. Seit dem Jahr der Kai
serwahl (1658) war das französische Kabinet gegen Boineburg
zur Zahlung einer Rente und Pension verpflichtet; seit 1664,
also seit einer Reihe von Jahren, hatte es diese Zahlung unterlas
sen. Boineburg hatte seine Ansprüche von Neuem geltend gemacht
und ließ sie jetzt durch Leibniz persönlich vertreten. Dieser be-
gedicht an ihn gerichtet, als er, damals Bischof von Speier, zum Coad-
jutor von Mainz gewählt wurde, den 15. December 1671. Mit
Schönborn war der Kurfürst Karl Heinrich verwandt; sein Bruder hatte
die Schwester Schönborns zur Frau.
*) Der Bries ist aus dem Anfang des Jahres 1676.