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ter in Eisenach war, Präsident des geheimen Raths und Ober
marschall. Ein Protestant in der Stelle eines ersten Ministers
am Hofe des ersten katholischen Kirchenfürsten in Deutschland!
Einen solchen Widerspruch konnten die damaligen Verhältnisse
nicht auf die Dauer ertragen. Zum Theil mag es Nachgiebigkeit
gegen die Macht dieser Verhältnisse, zum Theil wirklich eine reli
giöse Umstimmung gewesen sein, die Boineburg dazu brachten,
den Glauben seiner Väter zu verlassen und hier in Mainz zur
römisch-katholischen Kirche überzutreten. Es ist gewiß, daß die
ser Uebertritt seine politische Stellung in Mainz befestigen mußte
und daß zugleich Boineburgs religiös-beweglicher Sinn sich zum
Katholicismus hingetrieben fühlte, daß also äußere und innere
Gründe zugleich die Bekehrung veranlaßten. Das siebzehnte
Jahrhundert ist reich an solchen Bekehrungen, deren Motive aus
weltlichen Interessen und einer katholisirenden Phantasie eigen
thümlich gemischt waren. Dem feindseligen und blinden Glau
benseifer, der häufig die Apostaten zu befallen und gegen ihren
eigenen früheren Glauben fanatisch zu verdunkeln pflegt, blieb
Boineburg fremd; er war aufrichtig tolerant und wünschte die
Wiedervereinigung beider Kirchen im Sinne der Versöhnung und
Ausgleichung. Auch in dieser Rücksicht sind seine Ideen einfluß
reich aus Leibniz gewesen.
2. Politische Bedeutung.
Zwölf Jahre steht Boineburg in Mainz an der Spitze der
Staatsgeschäfte, und da Mainz als die erste deutsche Kurmacht
zugleich die Führung der Reichsgeschäfte zu besorgen hat, so ist
Boineburg im weitesten Umfange thätig, und sein Einfluß erstreckt
sich namentlich in dem Jahrzehend von 1653—1663 auf die wich
tigsten Fragen der deutschen und europäischen Angelegenhei-