Volltext: Julius Schulte und seine Schüler

selte, schuf er hier Werke wie aus einem Guß, jedes Blatt ein Meisterwerk an virtuoser Darstellungs¬ 
technik und künstlerischer Gestaltungskraft. 
Seine ersten Erfolge erzielte er schon im Jahre 1912 bei einem Wettbewerb für die evangelische 
Kaiser-Franz-Josefs-Jubiläumskirche Wien-Tabor, bei dem er mit Prof. Rodler den 2. Preis erhielt. Im 
darauffolgenden Jahr beteiligte er sich gleich an zwei Wettbewerben, für die Linzer Handelskammer 
und für die „Weberschule" in Linz, welch letzterer ihm den 1. Preis einbrachte und seinen künstleri¬ 
schen Ruf in Linz begründete. Die folgenden Jahre boten, teils infolge angestrengter Berufstätigkeit, 
teils infolge der Kriegsdienstleistung, keine Gelegenheit zur Beteiligung an Preisausschreiben. Erst im 
Jahre 1923 widmete sich Schulte dem leider bis heute noch nicht zur Verwirklichung gelangten Wett¬ 
bewerb für den monumentalen Neubau des Linzer Bahnhofes, einer ganz großen Aufgabe, deren 
Lösung ihm unter einer großen Zahl erstrangiger Konkurrenten den 3. Preis eintrug. (Jury: Behrens, 
Josef Hoffmann, Theiß.) 
Mit dem Projekt für das Heilbad Schallerbach (1925) beginnt dann die Serie von ersten 
Preisen. Das Preisgericht, das einzig und allein aus dem Geheimen Hofrat Bonatz-Stuttgart bestand, 
rühmte in seinem Bericht den wirkungsvollen Ausdruck von Kraft und Schönheit, der über die Innen¬ 
räume ausgebreitet ist, hebt die Arbeit als eine künstlerisch außerordentlich wertvolle hervor und be¬ 
tont, daß die strenge Symmetrie, die sich auch auf die Gartenanlagen erstreckt, den Kernpunkt der 
Schönheit des Projektes darstellt. Prof. Schulte war es bei dieser Planung darum zu tun, dem etwas 
düsteren Ort, der durch zahlreiche, unzulängliche Neubauten im schlechten Sinne belebt erscheint, 
eine heitere, festliche und doch streng gegliederte Architektur gegenüberzustellen. 
Eine auch vom städtebaulichen Standpunkt aus wirkungsvolle Anregung gab Schulte mit sei¬ 
nem ebenfalls mit dem 1. Preis ausgezeichneten Entwurf für das Ehrenmal des Linzer Hausregiments. 
Es stellt eine mit reichem plastischen Schmuck ausgestattete Triumphpforte dar, die mit dem Haupt¬ 
portal des Linzer Landhauses einen gepflasterten Ehrenhof umschlossen hätte. Leider wurde ein 
anderes Denkmal nach einem fremden Entwurf errichtet, welches in keiner Weise an die Monumen¬ 
talität des Schulteschen Projektes heranreicht. 
Der nächste große Erfolg war der Wettbewerb für B a d H a 11 (1927), der, neben drei klei¬ 
neren Wettbewerben aus demselben Jahre (Schule in Kapfenberg, Kurhausumbau Baden bei Wien, 
Hauptpostumbau Graz) den Ruf Schultes als einer der tüchtigsten Baukünstler Österreichs aufs neue 
festigte, bis im darauffolgenden Jahre der Tod seinem Schaffen ein Ende setzte. 
Geistiges Schaffen. Es wäre verfehlt, das Wirken Prof. Schultes nur nach seinen aus¬ 
geführten Arbeiten beurteilen zu wollen. Der vielbeschäftigte Künstler entwickelte auch über seine 
engere Berufstätigkeit hinaus eine rege Wirksamkeit auf geistigem Gebiet, welche von seinen viel¬ 
gestaltigen Interessen Zeugnis ablegt. In zahlreichen Vorträgen suchte er das Augenmerk seiner Mit¬ 
bürger auf wichtige Fragen der Baukunst, des Städtebaues und der Kultur überhaupt, hinzulenken. 
Schulte war hiebei, nach seinen eigenen Worten, stets bemüht, an erster Stelle das Wort, dann die 
Zeichnung und dann erst das Lichtbild zur Geltung kommen zu lassen, ein Standpunkt, den er auch 
als akademischer Lehrer beibehielt. So veranstaltete er einmal einen Vortrag über Paris, nicht mit 
Lichtbildern, sondern mit — Tafelzeichnungen. Sicherlich ein einzigartiges Erlebnis für seine Zuhörer, 
an Stelle ausdrucksloser Photographien lebensvolle Skizzen eines genialen Zeichners, eigens für die¬ 
sen Zweck mit Kreide auf die Tafel hingeworfen, zu sehen, die leider schon nach wenigen Minuten 
vom Schwamm dahingerafft wurden. Der Vortrag wurde ergänzt durch Randbemerkungen über 
städtebauliche und verkehrstechnische Probleme, für die Schulte überhaupt große Vorliebe hegte. 
Unerschöpflich war er in neuen Vorschlägen zur Verschönerung und Verbesserung des Linzer Stadt¬ 
bildes. Dazu bediente er sich mit Vorliebe der Presse, der er zu diesem Zweck lange Aufsätze mit 
fesselnden Handzeichnungen zur Verfügung stellte. Von allgemeinem Interesse waren seine Vor¬ 
schläge für die Altstadtregulierung und für die Verbauung des Kirchenplatzes und des Brückenkopfes 
in Urfahr, in der „Linzer Tagespost" vom 12. August 1928 veröffentlicht. Die in seinem Artikel „Vom 
Bauen in der alten Stadt" (1912) gegebenen Anregungen fanden zum Großteil in dem neuen Bau¬ 
ordnungsentwurf der Stadt Linz Anwendung. Auch als Kunstkritiker war Prof. Schulte ab und zu 
tätig und ob seiner schonungslosen, aber treffenden Charakteristik bekannt und gefürchtet. Unter 
den Vorträgen sind zu erwähnen: „Alte und neue Kultur in Belgien" (1910), „Belgische Architekturen" 
(1913), in denen er seine Eindrücke von seiner belgischen Studienfahrt wiedergibt, und der Vortrag 
„Kleinarchitektur der Straße" (1913)1 
X
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.