Volltext: Julius Schulte und seine Schüler

Dieses Garderobengeschoß erwies sich als derart zweckmäßig, daß Schulte es bereits, ohne 
diesmal dazu gezwungen zu sein, beim Bau der Hauptschule inAttnang-Puchheim (1928 bis 
1930)¡ anwandte. Der Grundriß zeigt, wie sich dadurch eine kompendiöse Anordnung der Klassen¬ 
zimmer und klare Kommunikationen ergeben. Hier sind, im Gegensatz zur Ebenseer Schule, die Ab¬ 
teilungen für Mädchen und Knaben nach Trakten getrennt. Der dazwischen liegende Turnsaal liegt in 
der Höhe des ersten Klassengeschosses und enthält im Untergeschoß die Umkleide- und Waschräume, 
darunter, im Keller, die Zentralheizung, über dem Turnsaal ist, wie schon beim Linzer Lyzeum, eine 
Terrasse für Freiluftturnen angeordnet. Die im Wesen an einen oberösterreichischen Vierkanthof ge¬ 
mahnende Anlage war durch die kleine, zur Verfügung stehende Bauparzelle bedingt. Die Zeichen¬ 
säle sind im obersten Geschoß über der Toreinfahrt untergebracht. 
Wohn- und Siedlungsbauten. Auf dem Gebiete des Wohnhausbaues gebührt 
Schulte unbestreitbar das Verdienst, dem städtischen Miethaus in Linz ein auch das Auge befriedi¬ 
gendes, farbenfrohes Äußeres gegeben zu haben, welches seine Bauten, im Verein mit ihrer imposan¬ 
ten kubischen Massenwirkung, als erfreuliche Unterbrechungen im Gewimmel der grauen, düsteren 
Mietskasernen erscheinen läßt. Charakteristisch für alle diese Bauten ist ihr einheitliches, quadratisches 
Fensterformat, vielfach über Eck geführt und durch kräftige, mitunter bewußt überdimensionierte Fen¬ 
sterumrahmungen zusammengefaßt und die an die Salzburger Bauart erinnernde, das Schrägdach 
verdeckende Attika, die meist durch fensterartige Öffnungen mit durchbrochenen Ziegelornamenten 
nach dem bei bäuerlichen Bauten angewandten Prinzip belebt ist. 
Als beratender Architekt der Baugenossenschaft „Familie", in deren Auftrag er die meisten 
seiner Wohnbauten durchführte, hatte Schulte die schwierige Aufgabe, einerseits einen neuen, den 
Anforderungen des genossenschaftlichen Mietbaues entsprechenden Wohnungstyp mit allen moder¬ 
nen Einrichtungen zu schaffen, anderseits die vielfach divergierenden, auf Nebensächlichkeiten be¬ 
zughabenden Sonderwünsche der einzelnen Bauwerber unter einen Hut zu bringen und dadurch zu 
einer einheitlichen, wirtschaftlich und künstlerisch gleich befriedigenden Lösung zu gelangen. Insbe¬ 
sondere die Haustypen der Wohnkolonien stellten ein Problem dar, dessen Lösung jahrelanger Stu¬ 
dien und ganzer Stöße von Vorprojekten bedurfte, das jedoch speziell in den letzten Typen der 
Römerbergsiedlung in bezug auf Zweckmäßigkeit und Raumausnützung, ohne dabei die absoluten 
Raumausmaße unnötig einzuschränken, restlos gelöst erscheint, soweit dies überhaupt bei den stän¬ 
dig wechselnden Wohnbedürfnissen der heutigen Zeit möglich ist. Auch das in den letzten Jahren 
vielfach als letzte Neuheit propagierte Laubenganghaus war ein Thema, mit dem sich Schulte schon 
im Jahre 1925 in einem „Reform der Mietwohnung" betitelten, illustrierten Aufsatz befaßte, in wel¬ 
chem er die Bildung des tektonischen Gefüges des Hauses aus der Wohnung mit dem darin veranker¬ 
ten Hausrat als Grundelement veranschaulichte. 
Großen Wert legte Schulte auf die organische, gleichsam selbstverständliche Eingliederung 
seiner Siedlungsbauten in das meist hügelige Gelände und ihre gute Einfügung in das Landschafts¬ 
bild. So machen diese Siedlungen in ihrer trotz origineller Formgebung soliden Behäbigkeit einen 
freundlichen, durch nichts an abstrakte Reißbrettarchitektur gemahnenden Eindruck. 
Es ist erstaunlich, wie Schulte, der doch eigentlich von Anbeginn an gewohnt war, sich in Gro߬ 
bauten auszuleben, auch für diese anspruchslosen kleinen Aufgaben ein solches Maß von Liebe und 
Verständnis aufbrachte. Denn die Umstellung von Großwohnbau auf Kleinwohnbau ist für den 
Architekten viel schwerer durchzuführen, als wenn er beispielsweise heute einen Schulbau, morgen 
hingegen einen Fabriksbau zu entwerfen hat, die, obwohl grundrißlich ganz verschieden, doch in 
ihrer Massenwirkung vielfach Berührungspunkte aufweisen. 
Bei seinen Industriebauten trug Schulte der Eigenart des fabrikstechnischen Erforder¬ 
nisses Rechnung, verhältnismäßig große Räume leicht und billig herzustellen und dabei nach jeder 
Richtung hin Erweiterungsmöglichkeiten offen zu iassen. Als wichtigster Baustoff kam hier in erster 
Linie das Holz in Frage, welches zersetzenden Dämpfen in vielen Fällen besser Widerstand zu leisten 
vermag als Beton und Eisen. Auf die Stabilität dieser leichten Holzbauten wurde größtes Gewicht 
gelegt, so zum Beispiel bei den Glutinwerken in Wegscheid, wo nach unten stark verbreiterte Pfei¬ 
ler aus Holz auf Betonsockel angeordnet wurden, die sich als Sturmverstrebungen gegen die starken, 
böigen Winde der Welser Heide vortrefflich bewährten. Die Aufgabe, Wassertürme so zu gestalten, 
daß ihre Plumpheit nicht schon von weitem auffällt, ist Schulte mehrmals gestellt worden. So hat er 
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