Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
tätern und Schuldnern behindert sahen; daher ihr Bemühen, das Geleit- 
recht in ihre Gewalt zu bringen oder sie in der Hand des Stadtherrn 
und seines Richters nach Möglichkeit gegenüber besagten Personen zu 
beschränken oder zu verklauseln!). Wo jedoch wie um 1300 in Passau 
die Städte noch nicht zu einer selbständigen Verfassung gediehen 
waren, noch viel weniger das ius conductus in der Hand hatten, suchten 
sie wenigstens von ihrem Stadtherrn entsprechende geleitrechtliche 
Verfügungen zu ihren Gunsten zu erwirken. Nach art. 15 des StR. 
von 1225 behält sich jedenfalls der Stadtherr die Freiheit der Fried- 
verleihung bezw. der Gewährung des Geleitschuges noch unbedingt, 
also auch ohne Einwilligung des Verlegten, vor. Nur verpflichtet er 
sich, vorher die Art des Friedensbruches und die Person des Verlegten 
festzustellen und erst nach dessen Verständigung den Friedbrecher in 
die Stadt zu lassen. Von einem Vetorecht des Verlegten wie in art. 16 
des StR. von 1299 ist noch keine Rede; auch haben einmal erlassene 
Verfügungen des Stadtrichters absolute Gültigkeit. Man fühlt aus der 
Tatsache, daß diese unbedingte Sanktionierung von Anordnungen des 
Richters so unmittelbar auf art. 15 folgt, aus dem selbstherrlichen Ton 
(„Item volumus“) die Spige gegen die Prätentionen der Bürger, vorher 
gehört zu werden, und gegen ihre Forderung, daß ohne ihren Willen 
an Stadtfriedensbrecher durch den Stadtrichter gewährter Schuß wir- 
kungslos sein sollte, gleichsam heraus?). 
Der Fortschritt der bürgerlichen Freiheit und Rechte tritt in art. 16 
des Privileges von 1299 klar hervor. Die 1225 noch abgewiesenen 
Ansprüche sind nun durchweg anerkannt. Die Stadtbewohner meldeten 
wohl wie etwa in Freising?) mehrmals im Jahre der zuständigen Behörde, 
in Passau dem Stadtrichter die in Frage kommenden Missetäter an. 
Dann war dieser an ihre Zustimmung bei der Verleihung des Geleites 
gebunden, so daß eine etwaige Nichtbeachtung des Einspruches das 
gewährte richterliche Geleit bezw. die Wirkung des Geleitbriefes illu- 
Sorisch machte. Der Klageberechtigte konnte in diesem Falle gegen 
den unrechtmäßig vom Stadtrichter begünstigten Missetäter sogar ge- 
walttätig, d. h. mit Schlägen vorgehen, ohne sich einer Strafverfolgung 
auszuseßen, ganz im Gegensaße zu der obengenannten Freisinger Rechts- 
bestimmung, kraft deren einmal, auch widerrechtlich verliehenes Geleit 
1) Maurer, Städteverf. II, 159 f. 
2) „Item statuimus, si forsitan aliquis, qui contra civitatem deliquerit vel bur- 
genses, ad nos accedens treugas petierit in Civitatem, primo querere debeamus, 
quid aut contra quem deliquerit, et nominato nobis illo, contra quem deliquit, 
illi, qui a nobis hoc petit, iniungere debeamus, quod in palam non compareat 
in civitate, donec illi burgensi vel iudici, quod a nobis treugas habeat, signi- 
ficetur. Item volumus: quicquid iudex noster iudicaverit, quod hoc per omnia sit 
ratum.“ 
5) StR. von 1359 (vgl. Freyberg, V, 289). 
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