Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
  
  
  
  
  
Mitbürgern, vorläufig „mit seinem leib“ oder „leib und gut miteinander 
aufzuhalten“, zu „verbieten“, zu „besegen“, zu „bekümmern“, um dann 
die Ansprüche im unmittelbar darauffolgenden Prozesse durchzuführen. 
Auf diesem Standpunkte, der dem städtischen Kapital einen wirkungs- 
vollen Schuß gewährte, steht seit dem 13. und 14. Jahrhundert eine 
ganze Reihe deutscher und auch baierisch-österreichischer Stadtrechte!). 
Sogar reichsgeseßlich war die Bestimmung festgelegt, wenigstens für 
die Reichsstädte, in Friedrichs II. Statutum in favorem principum vom 
Mai 1232, art. 19 (MG. Constit. Bd. II, S. 212). Die Städte gaben so 
ihren Bürgern eine kräftige Sicherung gegenüber unsicheren Schuldnern. 
Als solche mußten ja Gäste, welche jederzeit wieder rasch aus dem Stadt- 
bezirke entkommen konnten und so gleichsam ständig auf der „fluchtsal“ 
waren, gelten. Andrerseits lag in dem Verfahren das Bestreben der 
Städte, was nur irgendwie in ihrem Machtbereich war, sofort an ihre 
Gerichtsbarkeit zu binden und dadurch die städtischen Gerichtseinkünfte 
zu mehren?). Denn dem außergerichtlichen Arreste, der gleichsam den 
Beginn der ordentlichen Klage darstellt, schloß sich der beschleunigte 
Gastprozeß an, damit die Fremden tagsdarauf „ihrer Tagwaid (d.h. 
Tagreise) nicht versäumt seien“). 
Wohl ist im Passauer Art. 9 nur von dem Personalarreste die 
Sprache und wird dieser in frühen deutschen Rechtsquellen vielfach 
allein angeführt*). Doch möglicherweise war damit wie in der ge- 
wöhnlichen Praxis auch der Realarrest, also die Beschlagnahme der 
Sachen des Gastes, besonders seiner Waren und seines Pferdes ver- 
bunden. 
Ob der persönliche Geltungsbereich des Arrestes auch 
die Angehörigen des landgesessenen Ritterstandes und Landadels, aus- 
wärtige fürstbischöfliche Beamte und Geistliche einbegriff, nachdem 
auch anderswo den Bürgern das Verbieten oder Besegen solch bevor- 
ı) So die StR. von München 1340, art. 15, 35, 57 (s. auch die Einleitung bei 
Auer, S. 89 fi); Freising 1359 (v. Freyberg, V, 225); Regensburg (s. Knapp, Alt- 
Regensburg 192); Landshut 1279, art. 7 (Qu. u. Er. V, 316, ausführlich: Rosenthal, 
Beitr. 123 ff.) ; Straubing (a. a. O0. 288 f.); St. Pölten 1338, art. 8, in fast wörtlicher 
Entlehnung aus dem Passauer StR.; Mautern, art. 15 (Arch. f. K. österr. GQu. 25, 
S. 122); Tulln 1270, art. 20; Gaunersdorf 1360, art. 3 (G. Winter, Beitr. S. 24 u. 82). 
Weitere Belege aus Österreich bei Winter in der Anm. zu art. 57 des StR. von 
St. Pölten. Vgl. auch die Ottonische Handfeste von 1311, art. 10 (Qu. u. Er. VI, 186): 
„Vindet aber der purgaer seinen geltaer in der stat, so mag er in dar umb wol 
verbiıten dar inn“; das baier. LR. art. 297. 
2) S. die Erl. zu art. 39. 
3) Münchner StR. 1340, art. 260; Rosenthal, Gesch. d. baier. Gerichtsw. I, 161. 
4) Alfred Schulge, Gästerecht und Gästegericht in deutschen Städten des MA., 
in: HZ. 101. Bd. (1908), S. 509; Rudorff, Zur Rechtsstellung der Gäste im mittelalter]. 
städtischen Prozeß, in: Gierkes Unters. Heft 88 (1907), S. 40, 56 f.; Plank, II, 367 ff.; 
bes. 370. 
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