Volltext: Das Passauer Stadtrecht

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Es war ein bunt zusammengewürieltes Volk, das sich innerhalb 
der Stadtmauern zusammenfand: Freie und Unfreie, Haus- und Grund- 
eigentümer und Leute, die Grund oder Haus gegen Zins innehatten, 
Kaufleute, Handwerker, Dienstboten, Taglöhner und Fremde. Während 
die Vertreter des Handwerkes in den mittelalterlichen Städten sich 
aus persönlich und wirtschaftlich unfreien und freien Elementen zu- 
sammense$ten!), gingen die Dienstboten und Taglöhner meistens 
aus unfreiem Stande hervor. Doch mit der Zeit und durch die Sitte 
der ursprünglich freien und nur bei bestimmten Gelegenheiten von 
den Dienstherren gegebenen Geschenke hat sich auch bei diesen 
sowohl im häuslichen Dienste wie bei den Arbeitern auf den admini- 
strierten Gütern ein unabhängigeres, bald auch zeitlich begrenztes 
Verhältnis zur Herrschaft herausgebildet, in den Städten besonders 
dadurch beschleunigt, daß vom Lande herein Arbeitskräfte freien Standes 
zuströmten, bald begründet auf einem freien Dienstvertrag. Zur Zeit 
der Rechtsspiegel?) ist dieser Zustand über allen Zweifel gesichert. 
Die baierischen Landfrieden des 13. Jahrhunderts?) enthalten bereits 
Aufforderungen zur bezirksweisen Regelung der Höchstlöhne für Hand- 
werker und Taglöhner zum Schuße der Dienstherren und bald folgen 
Taxen des Gesindelohnes. Die Auffassung von der Unverleglichkeit des 
verdienten Lohnes, dessen Vorenthaltung nach einem alten Sprichwort 
und dem Bibelwort Jak. 5, 4 zum Himmel schreit, findet in den spät- 
mittelalterlichen Rechtsbestimmungen immer wieder ernsten Ausdruck. 
Unter den Stadtrechten steht der Passauer Artikel an erster Stelle*%). 
Ähnlich wie dieser äußern sich auch die Spiegel, das baier. LR. art. 89, 
299; das StR. von München 1340 art. 136, 137, 284; von Freising 13595); 
von Wiener-Neustadt c. 53; das Wiener Stadtrechtsbuch art. 38; das 
StR. von St. Pölten art. 7 (von Passau entlehnt).®) 
Die Ansprüche auf „garntez“ Lohn (ein beliebter Ausdruck 
der süddeutschen, insbesondere baierisch-österreichischen Quellen), d. h. 
auf verdienten Lohn für Arbeiten und Dienste von Ehehalten, Taglöhnern, 
Handwerkern galten wie solche des Wirtes auf Zehrgeld?), des Grund- 
oder Hauseigentümers auf Grund- oder Mietzins u.a. als privilegierte 
1) Vgl. bes. H. Seeliger, HVSchr. XVI (1913), S. 472 #. 
2) Ssp. I, 22 8 1—4; II, 32; Schwsp. 25, 203; Rupr. v. Freis., 233 I.; Kl. Kaiser- 
recht II, 31. 
3) 1244 8 70, 1256 8 75, 1281 866, 1300 8 84, (Qu. u. Er. V, 88, 151, 349; VI, 123 
= Rockinger, S. 53, 81). 
4) S. Koennecke, Rechtsgeschichte des Gesindes in West- und Süddeutsch- 
land. Marburg 1912, S. 588 f. 
5) v. Freyberg, V, 184, 226. 
6) Weitere Belege s. b. Herg, Rechtsverhältnisse des freien Gesindes nach 
den deutschen Rechtsquellen des MA., in: Gierkes Untersuchungen, Heft 6. Breslau 
1879, S. 92 ff., 97 ff.; Löning, Vertragsbruch, S. 297 f., 361 ff.; Koennecke a. a. O. 
7) Vgl. Passauer StR. 1299, art. 15 u. 30 nebst Erl. 
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