Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
  
  
noch nicht nachzuweisen!), kommt also hier kaum in Frage. Wie aber 
auch immer das Beweisverfahren im einzelnen in Passau geregelt sein 
mochte, unzweifelhaft bot es dem angesessenen Bürger, der sich selbst 
im Verdachte des Totschlages frei dem Gerichte stellen konnte, gegen- 
über dem gewöhnlichen Inwohner oder Fremden manche Vorteile, 
Sobald der Bürger freilich durch die Flucht den bloßen Verdacht zum 
bewiesenen Vergehen steigert, begibt er sich gleichsam der Vorzugs- 
qualität der Bürger, tritt aus deren Reihen heraus und untersteht nun 
als dem Tode Verfallener den gleichen Bedingungen, die für Nichtan- 
gesessene gelten: seine Buße liegt nun in der Hand derselben acht 
Richter des Gnadenausschusses, wie sie art. 1 für jene Nichtangessenen 
vorgesehen hat. Gelang es allerdings dem Bürger, der sich freiwillig 
dem Gerichte gestellt, den Unschuldbeweis zu liefern, so war damit 
auch sein durch die Bestandaufnahme befangenes Gut wieder frei 
(„ledik“) geworden?). 
Art. 5. 
Verfahren gegen den ansässigen Bürger bei tödlicher Ver- 
wundung. 
„Ist daz ein gesezznaer Purgaer einen menschen toetlichen wundet, 
alle die weile und der wunde mensch lebet, so sol der Rihtaer mit 
des leibe und mit des gut, der die wunden getan hat, niht ze schaffen 
haben, er flöche dann sein güt; so sol er dem Rihtaer und zwain uz 
dem Rat vergwizzen, als tiwr er in der Stat hat“. 
die weile und: solang; floehen: flüchten, fliehend fortschaffen, in Sicherheit 
bringen; vergewizzen: gewiß, sicher machen, Sicherstellung leisten; vor als 
ergänze: soviel; tiwr f.: Wert, Vermögen(swert). 
Auch dieser Artikel stellt sich als ein Privileg für den angesessenen 
Bürger dar; er betont zunächst die Unverlegbarkeit der persönlichen 
1) „Der Aydt des Paargerichts“ bei Lenz, Historisch-topogr. Beschreibung 
Passaus, Bd.lI, S. 100 gehört jedenfalls nicht zum Passauer StR. von 1299, was 
Lenz verkennt, offenbar deshalb, weil der Bahreid in einigen Kopialbüchern, wie 
Passauer StA. 115, S. 14 f., 1120, S. 20a, unmittelbar hinter Bischof Wernhards 
Stadtbrief und vor Kaiser Karls IV. Kassationsbrief von Ludwigs des Bayern Privi- 
legien für die Passauer Bürger eingereiht ist. In Wirklichkeit ist er aber wohl erst 
für das 14. oder wahrscheinlicher 15. Jh. anzusegen. Denn die Passauer Reim- 
chronik führt ihn unter Bischof Leonhard von Layming (1423—1451) an, so auch 
in dem Abdruck bei J. V. Adrian, Mittheilungen aus Handschriften und seltenen 
Druckwerken, Frankfurt a. M. 1846, S. 71 (= Hs. der Gießener Universitätsbibliothek); 
auch das Passauer Stadtbuch S. 29b segt ihn erst nach einer Urkunde von 1443, 
ebenso das um 1600 angelegte Verzeichnis der im Passauer Stadtarchiv ver- 
wahrten Urkunden, StA, Passau 11130, 5.311 
2?) Erhard (I, 107) blieb der Sinn der Stelle verschlossen, wie seine Über- 
segung beweist. 
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