Volltext: Das Passauer Stadtrecht

lichen und rein administrativen Tätigkeit noch nicht durchgeführt er- 
scheint, so daß der Stadtrichter, der über hohe und niedere Gerichts- 
barkeit verfügt, zugleich als oberster Polizei- und Verwaltungsbeamte 
anzusprechen ist. Das Stadtrichteramt wurde seit langem auf dem 
Wege der Pacht vergeben!), so daß also der Überschuß der Einnahmen 
aus Gerichtstaxen und Sporteln, ferner verschiedene Geldbezüge und 
wohl auch Naturalleistungen von den Gewerbetreibenden für seine 
Aufgaben dem Handwerk gegenüber (vgl. MB. 29b, 139 £f.), möglicher- 
weise auch wie anderswo der Ertrag von Liegenschaften, die etwa 
zur Ausstattung des Amtes gehörten, das Gehalt des Richters bildeten. 
Gegen den Unfug der Gerichtsverpachtung und die finanzielle Aus- 
beutung der Richterstellung waren die Bürger wenigstens einigermaßen 
durch die bereits in beiden Stadtrechten bestehende Fixierung der 
gerichtlichen Strafgelder, in Baiern meist „Wandel“, sonst „Brüche“ 
oder „Wette“ genannt, geschüßt. Die Gerichtstaxen bewegen sich 
zwischen 12 A als Fürfang für Kleidungsstücke (art. 38), und 10 oder 
30 @ als Lösungswandel bei Totschlag?). Der Richter ist Leiter und 
Vollstrecker des Prozesses, Hüter des städtischen Friedens (bes. art. 6); 
er gewährt Geleite (art. 16, 17), löst aus Acht oder Stadtverbot (art. 45), 
vollzieht polizeiliche Funktionen (art. 38, 40, 41, 52), vollstreckt im Not- 
falle Pfändung, Konfiskation und Sicherung des Vermögens auch vor 
Gerichtsurteil (art. 1, 3, 5, 29), nimmt den Bürgereid ab (art. 53). In vielen 
Funktionen ist er an die Zustimmung des Klägers (art. 16, 17, 45) oder 
Mitarbeit der Bürger gebunden; s. 0. 5. 20, 22 f. Der Amtskreis des 
Stadtrichters, der seit 1368 nur aus der Reihe angesessener Bürger ge- 
nommen werden darf, bleibt, obgleich auch das Gebiet der heutigen Inn- 
und Ilzstadt nebst Anger wohl schon längst in engere Verbindung zur 
Stadt Passau getreten war, seit dem 13. Jahrhundert jedenfalls auf den 
eigentlichen Stadtbezirk innerhalb der Mauern beschränkt. Denn Seit 
1257 ist ein eigenes judicium in Iltsa, d. h. in der Ilzstadt, verpachtet 
um 4 @ jährlich an einen gewissen Hadmar (MB. 29b, 243), und seit 
1255 das officium trans pontem Patavie, d. h. in der Innstadt, verpachtet 
um 30 @ jährlich an einen gewissen Raezinger (MB. 29b, 238), bezeugt®). 
  
  
  
1) So 1254 für 40 ©, 1256 für 80 & jährliche Taxe an Heinrich Hutsmunt und 
seinen gleichnamigen Sohn (MB. 29b, 84 u. 239). Die Verpachtung des Richter- 
amtes ist um diese Zeit auch sonst im Passauer Fürstbistum Sitte, so wurde z. B. 
das Gericht in Velden 1260 um jährlich 30 @& vergeben (MB. 29b, 245); s. auch 
das Folgende betr. Inn- u. Ilzstadt. 
2) Vgl. hiezu die Erl. zu art. 1, S. 43%. Daß das Richteramt tatsächlich eine 
recht einträgliche Stellung war, mag man daraus schließen, daß O. Stolz (AÖG. 
102, 236) den finanziellen Ertrag in den einzelnen österreichischen Gerichten für 
die Zeit von 1290—1340 auf die Hälfte der ordentlichen Steuer berechnet. ' 
3) Daß diese Dreiteilung, die in Urkunden der folgenden Jahrhunderte immer 
wieder hervortritt, auch noch im 16. Jahrhundert fortbestand, lehrt die Erl. des Stadt- 
briefes 1539, f.135a, wo die „dreyen gedingen der Stat Passaw: Im Statgericht, 
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