wiesenen, besonders durch Beherbergung. Als Strafen hiefür sind
festgesegt: Todesstrafe, Talion!)-bei Tötung und Körperverlegung, falls
kein gütlicher Vergleich erfolgt, und bei falscher Anschuldigung, inso-
fern den Inzichter die Strafe trifft, welche auf den Vergehen steht,
deren er andere beschuldigt, körperliche Züchtigung bei Real- und
Verbalinjurien, Abschneiden der Zunge bei falschem Zeugnis und Ver-
leitung hiezu, bei beiden Vergehen auch teilweise Entziehung der.
Gerichtsfähigkeit, die in vollem Umfange bei Ächtung wegen Dieb-
stahls abgesprochen wird, schließlich Acht, Stadtverweisung und am
häufigsten Geldstrafen. Das Privatrecht betreffen Bestimmungen
_ über Schuldverhältnisse, wie Zahlungsverzug und Zahlungsweigerung,
wogegen im Kontumazialverfahren mit gerichtlicher Zwangsvollstreckung
(art. 2, 4, 33), bei Insolvenz mit Stadtverweisung (art. 33) vorgegangen
wird, über Eigentumserwerb durch ZwangsvoNSireckung (art. 2), durch
Kauf (art. 3), durch „litchouf“ (art. 31). -
Auch über das formelle Recht, das Gerichtsverfahren, werden
wir unterrichtet; so beziehen sich mehrere Artikel auf die Ladung des
Beklagten, die, wie auch sonst nach deutschrechtlichen Grundsägen des
Mittelalters, regelmäßig dreimal zu erfolgen hat, worauf der Geladene
bei Nichterscheinen straffällig wird (art. 4, 5), ferner auf die Beweis-
mittel zur Überführung oder Reinigung. Bei einfacher, schlichter Klage,
also solcher, die der Kläger ohne Beweisangebot stellte, hatte der
Beklagte ja insgemein den Vorzug, näher zum Eide zu sein. Besonders
gilt dies bei „Inzicht“, d. h. wenn der Kläger seine Klage nicht auf
Grund eigenen, bestimmten Wissens, sondern bloßen Verdachtes erhebt
und so für die Klage keine Beweise vorbringen kann; dann hat der
Reinigungseid unbedingte Geltung. Er ist prozessuales Recht des Be-
klagten, nicht des Klägers, wird aber auch öfters in den Quellen als
rechtliche Notwendigkeit zur Herbeiführung der Freisprechung und des-
halb als Rechtspflicht des Beklagten hingestellt, weil dieser, sobald der
Kläger das juramentum calumniae, den „Voreid“, geschworen hat, ver-
urteilt wird, wenn er den Reinigungseid verweigert. So lautet art. 17 des
Passauer Stadtrechtes von 1225: „ut de qualibet impulsacione, quod vul-
galiter dicitur inciht, per ijusiurandum quilibet se debeat expurgare“ ?2).
Der Beklagte kann sich durch Eid reinigen, ohne die vom Kläger zur
Klage gestellte Tat selbst in Abrede zu stellen, wenn er Irrtum be-
treffs eines wichtigen, zum Tatbestand gehörigen Momentes, wie Un-
kenntnis der Schädlichkeit der Person bei Beherbergung bzw. Be-
günstigung von Ächtern oder Verbrechern, behauptet (art. 13 u. 14);
1) „Talion“ = Wiedervergeltung mit der Strafe, in der das Unrecht des Misse-
täters bestand, von talis (-qualis). Über ihre Verwendung im deutschen Recht:
L. Günther, Idee der Wiedervergeltung I (1889), 214 if.
2) Vgl. hiezu Löning, Reinigungseid, S. 279 f., 290 f.
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