Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
  
  
Verschieden von dem Inhalte unseres Artikels 26 ist die auch im 
römischen Recht („ne bis in idem“) sich findende Bestimmung, daß 
niemand wegen ein und desselben Vergehens wiederholt in Strafe 
genommen werden dürfe, ein Unfug, der auch im Fürstentume Passau 
eingerissen war und durch Bischof Wernhard auf dem Ilzstadter Land- 
tage vom 13. Juli 1288 abgeschafft bzw. verboten wurde‘). 
Die Bestimmung des Art, 26 läßt also keinen Zweifel darüber, daß 
eine einmal durch Urteil abgewiesene, entschiedene Klage zur Zeit des 
StR. nicht ein zweites Mal Klagegegenstand werden konnte. Damit 
scheint allerdings art. 19 des StR. von 1225 im Widerspruch zu stehen, 
da ja dort bereits der später allgemein geläufige terminus technicus 
für das aus dem römisch-kanonischen Rechte eingedrungene Institut 
der Appellation, d. h. der Berufung an eine zweite, höhere Instanz, 
welche die gefällte Entscheidung des ersten Gerichtes durch ein neues 
Urteil aufhebt, in dem Ausdruck „appellare ad nostram presentiam“ 
in Übung ist?). Aber die Tatsache, daß in dem Rechtsbriefe des Bischofs 
Gebhard von den mit dem römisch-kanonischen Rechte vertrauten 
Verfassern auch sonst römische termini technici (vgl. oben S. 7) für 
deutsche Rechtsinstitute gebraucht werden, die sich tatsächlich mit den 
römischen nur teilweise decken, mahnt bei der Interpretation des er- 
wähnten Artikels zur Vorsicht. Der Bischof als oberster Gerichtsherr 
der Stadt bzw. sein Hofgericht, das sonst Gerichtsstand der privilegierten 
Stände ist und wohl mit dem Hofmarschall oder Hofmeister als Vor- 
sigenden und vermutlich von Fall zu Fall bestimmten Leuten aus der 
nächsten Umgebung des Bischofs, vornehmlich seinen Hofräten, als 
Urteilstindern besegt ist?), soll, wie sich aus dem besagten Artikel ergibt, 
eine andere Entscheidung herbeiführen, falls Schwierigkeiten im Rechts- 
streite vor dem Stadtgerichte entstehen und eine Partei in ihrem Rechte 
gekränkt zu werden fürchtet. Es war dies, wenn Härten vermieden 
werden sollten, eine ganz natürliche Entwicklung, nachdem der Stadt- 
herr als höchster Rechtsschirmer an die Stelle des Königs getreten war 
und für Passau keine Oberhöfe bestanden, die man in zweifelhaften 
Fällen um Rechtsbescheid hätte angehen können. Aber die Wirksamkeit 
des Passauer Hofgerichtes, die auf Anrufung gegen ein Urteil des 
Stadtgerichtes in Tätigkeit tritt, darf in dieser Zeit noch nicht im römisch- 
1!) MB, 28b, 420; vgl. auch das StR. von Wiener-Neustadt, c. 12, wo ein 
solches Verfahren als göttlichen und menschlichen Gesegen widersprechend be- 
zeichnet wird. Das deutsche Volk kleidete sein gesundes Rechtsempfinden in 
das anschauliche Sprichwort: „Man soll niemand mit doppelter Rute züchtigen“ 
(Winkler, 143). 
?) „Si aliquis coram iudicio..ad nostram presentiam appellaverit, iudex a 
melioribus duobus faciat, si legitime appellaverit inquisicionem; si dicatur: ‚quod 
non‘, judex in causa nichilominus prosequatur.“ 
3) Rosenthal, Gesch. d. baier. Gerichtsw. I, 123 £f., 135 f. 
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