Der gesegnete Lebensherbst, als Hinterlage Reim und Prosa in Hochdeutsch.
deck, die Apostel der hohen Sittlichkeit, haben es doch mit Erstaunen
und Lust gelesen. — Sein Schwager Baron Reischach, an den
ich ein Empfehlungsschreiben vom Staatsminister a. D. pfordten
übergeben, vermittelte. Ich seile und feile — es ist zum Rasend
werden!
.... Dein Brief hat meinem Kerzen wohlgetan. Hart
Dein Los, betrübt Deine Lage, aber dulde, dulde, trage mit
Ergebenheit unser Geschick. Mein Buch zeigt wirklich eine
Menge Mängel, ich finde sie nun selbst und schalte schonungslos.
Eine Riesenarbeit,, es geht mir oft sehr hart, mein Selbstvertrauen
ist erschüttert. Es ist getan. — Lenau, der Unglückliche, hat mir
einst gesagt: „Ich habe gearbeitet mit ganzer Kraft, ich habe ge
rungen" usw. Ich habe den guten Mann damals nicht verstanden,
jetzt weiß ich, was es heißt: „Ich habe gearbeitet, ich habe gerungen".
Das Buch steht jetzt in völlig tadelloser Form und innerer Einheit
da. Ich wußte gar nicht, daß ich die Kraft der Formbewältigung
in diesem Grade besitze, wäre in Bayern oder gar im üppigen Vater
land auch nie zu diesem Bewußtsein gekommen, das konnte nur im
nüchternen, verständigen Schwabenland und unter den — roten
Kerkermauern ähnlichen — Weinbergen von Stuttgart geschehen.
Graf Wilhelm hat mit mir über den .ersten Teil des Buches
beraten und gefeilt — und nun ist durch feine Verwendung die
Angelegenheit mit Eotta in ein erfreuliches Stadium getreten.
.Ich muß aber — und o wie gern! — ,,D' Ahnl" und die Manzische
Ausgabe in einem Auszuge mit in Kauf geben. Graf Wilhelm bot
mir seine Burg Lichtenstein als Arbeitsstube für mein neues
o. e. Buch an. — Du gehst indessen voraus heim und richtest uns
wieder wohnlich ein. 0, mein Gott, wie bebt mein Herz vor dieser
Heimkehr! Und doch am teuersten Grabhügel will ich meine neue
rastlose Tätigkeit entfalten und auch Dir Deinen Wirkungskreis ein
richten.
Mehr und mehr sehe ich ein, daß für mich nur die Heimat,
überhaupt das große Oesterreich mein Schauplatz fein foll.
99/10. Von Barbara. München, 4. April, \ 1. April und
18. April. Mein lieber Mann! Das Getrenntsein ist mir noch nie
so schwer gefallen, habe es noch nie allein getragen. Und fönst hatte
ich Dir immer so viel von der Lini zu schreiben; jetzt ist alles leer,
so tot um mich her, so auch in mir selbst — und jetzt könnte sie
schon selbst schreiben — doch ich will nicht klagen, der liebe Gott
hat es so gemacht, wir haben ja uns noch. . . . Schwere Tage —
Notlage.
135. Salzburg, J7. Mai 1855. Endlich doch ein kleines
Lebenszeichen von Dir — Gott sei gelobt und gedankt! Der edle