Volltext: Heimatspiegel [31]

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Was nun von Philosophie und Naturwissenschaft in das Buch eingeführt 
wird — besonders breit ist griechische Philosophie behandelt —> erweist letzten 
Endes seine schöpferische Unfähigkeit. An einem Punkte, wo alles Leben zu 
erstarren scheint und eine eisige Kühle sich des Herzens bemächtigt, kommt — in 
einem Gespräche zwischen Logos, der unproduktiv gewordenen Vernunft, und 
Sophia, der lebendigen Weisheit, der rettende Sprung: Der Intellekt ist un 
fähig. Wahrheit zu finden. Aber wir haben noch ein Organ in uns, das 
Gemüt! 
Der Sinn dieser Philosophie des Gemütes ist kurz folgender: Um in der 
Vielfältigkeit der Erscheinungen zu einer Einheit zu kommen — und danach 
verlangt ja der Mensch mit inbrünstiger Kraft —, sind die Kräfte des- Verstandes 
nicht hinreichend. So werden wir auf unser Gemüt, das diese Einheit empfindet, 
geradezu als „Ersatzquelle der Erkenntnis" hingewiesen. Schon um ein Acker 
blümchen als Ganzes zu erfassen, brauchen wir das Gemüt. Keine der Natur 
wissenschaft geläufigen Kräfte reichen hin, um die wunderbare Symmetrie zu 
erklären, die in der Blüte lebt. So muß man, folgert er, eine eigene, durch die 
Kraft des Gemütes gefundene Naturkraft annehmen, die — schöne Form ver 
wirklichen will. Ohne von notwendigen Zwecken bestimmt zu sein, strebt sie 
allein nach schöner Bildung. Das allein ist die Brücke, auf der der naturwissen 
schaftliche Mensch zur Philosophie des Gemütes hinübergehen kann. Auf dieser 
Brücke bleibt auch das Buch stehen . . ." 
Aus seiner glücklichen Ehe mit der gar feinsinnigen, edlen Anna H e y h 
entstammten zwei hochbegabte Söhne, der Erstgeborene gefallen im Weltkrieg. 
(Band 28 „Aus da Hoamat".) 
Ich will, weil ich mutz! 
Dieser Ausspruch seinerzeit erläutert mit dem Zwiegespräche: 
A: „Mensch, wo aus? schon so spat und nu so eilig! Gibst denn du gar koan 
Ruah — warst schon alt gnua dazua." 
B: „Das laßt ft not schaffen. A G'spiel, amal anghöbt, ins Herz einig'wachsen, da 
gibt's koan Lassen; muaßt allweil hinterbei sein — wiar da Hund nach'n Hasen —, 
will ausg'fertigt sein, magst selm wolln oder nöt." 
A: „A — koan Mensch muaß müassen, wann er nöt will; drum hat a sein freien 
Will'n." 
B: „Ja, ja — aber der Will'n stockt schon mit 'n G'spiel im Herzen, drinn — und so 
muaßt 'n mit'n G'spiel dnfühl'n und gerlt, weil's di so gfreut, daß d' bist am rechten 
Wög. —" 
Also, schon im Keim steckt der ganze Prozeß — wir 'n Bam; der laßt si a net 
schaffen sein Wachsn und Treibn — freili gar guat taugt eahm das Betreun; do gehst 
eahm z' Leib oder behandelst ihn falsch, geht er ein. 
Darum ist die Erziehungsweise in der beginnenden Reife so grundwichtig und 
überaus verantwortlich, gar bei den Mädeln als den künftigen Hauspflegerinnen. — 
Dieser Vorgang führte zur nachfolgenden Einleitung von Dr. Herbert Fische r. 
Man könnte versucht sein, diese knappe Formel erst einmal anders auszu 
drücken, weil sie einem so etwas gewaltsam oder ichbetont erscheint. Ein Mensch, 
der äußere Gesetze und Regeln willig anerkennt, möchte lieber sagen: „Ich will, 
weil ich darf!" — und der von ethischen Grundsätzen geleitete Mensch formuliert 
vielleicht: „Ich will, weil ich soll!" 
Aber im Grunde weichen beide mit dieser vorsichtigeren Fügung der Worte 
dem wirklichen Tatbestand aus. Unser Handeln ist nämlich zutiefst immer wieder 
von dem bestimmt und geformt, was wir als unverrückbare Anlagen und Trieb 
kräfte in dieses Leben mit hineinbringen. Der Psycholog nennt es die E r b- 
funktionen und drückt mit diesem Wort unzweideutig das Abhängigkeits 
verhältnis aus, das zwischen der Richtung unseres Willens und der Kraft seiner 
Verwirklichung einerseits und dem von unseren Ahnen auf uns überkommenen 
Erbgefüge anderseits besteht.
	        
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