Volltext: Bilder aus dem Volksleben des Mühlviertels [24]

Die Waldmühle. 
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Wie Georg den weiten Weg von Hamburg bis in seine Heimat 
zurücklegen konnte ohne Geld und Geldeswert, wußte er selbst nicht 
mehr recht. Was lag ihm jetzt daran, daß er oft bettelnd von Tür zu 
Tür ging — dort unten winkte Heimat, Rast, Ersatz und Frieden. — 
Das hoffte er bei Gott. 
Er blieb noch eine Weile auf bayrischem Gebiet, denn seine 
Kleidung sah denn doch zu abgeschoben aus, als daß er sich noch bei 
Tageshelle sehen und erkennen lassen wollte. 
Er wartete also, bis es dunkelte, dann trat er den kleinen Rest 
seiner Wanderung an. 
Ein kleine Ueberraschung wollte er sich erlauben, jedoch wußte 
er noch nicht recht, wie er sie veranstalten sollte. — Als er vor die 
Mühle kam, wunderte er sich, das Klappern der Mühlräder nicht zu 
vernehmen. 
Besorgnis tauchte in seinem Kerzen aus und er eilte schnell 
zu den erleuchteten Fenstern des Wohnhauses. 
Seine Besorgnis war unnötig, denn was er sah, war nur 
danach angetan, sein Herz mit Dank und Rührung zu erfüllen. 
Er sah seinen freilich stark gealterten Vater, der, die Brillen 
vor den Augen, in seinem liebgewohnten Hausbuche las, und daneben 
saß Marie, sein liebes Weib, etwas blaß, aber lieblich wie zuvor. 
Die Hände hatte sie gekreuzt im Schoße liegen und die Augen 
sinnend niedergeschlagen. 
Auf der Ofenbank saß Hans, den Mund gespitzt, wie vor sich 
hinpseifend, und schnitt Späne. Sogar der alte „Waldl" lag noch 
auf seinem Platz. 
Georg konnte sich lange nicht sattsehen, dann schlich er leise 
vom Fenster weg. Lin fröhlicher Gedanke fuhr ihm durch den Sinn; 
er stieg in das Mühlhäuschen und machte sich bald an den Rädern 
zu schaffen. 
Auf einmal ging es „klipp, klapp" wie ehedem, wo noch alles 
so glücklich war in der Mühle. 
Die Bewohner der Mühle richteten sich gleichzeitig auf, der 
alte Müller mit fragendem Ausdruck im Gesicht, Hans voll Zorn, weil 
er glaubte, daß irgend eine boshafte Hand die Mühlräder in Be 
wegung gesetzt, Marie aber in sonderbarer Ahnung. 
Roch bevor jemand ein Wort sprechen konnte, war Marie zur 
Türe geeilt — laufend kam sie in die Mühle. 
Dort stand der heißgeliebte Mann, abgemagert, in dürftigster 
Kleidung, das Gesicht war mit Bart umwuchert. 
Doch Marie ließ sich nicht irre machen. 
„Georg, du bist's!" rief sie mit jubelndem Laut, und die beiden 
lagen sich in den Armen.
	        
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