Volltext: Bilder aus dem Volksleben des Mühlviertels [24]

Die Waldmühle. 
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„Es gibt verschiedene alte Weiber", replizierte Hans, „und 
das Alter allein machts nicht aus, sondern die Bosheit, was sie 
in meinen Augen zu solchen „alten" Weibern stempelt. — Nur dieser 
Alten wollt ich nie und nimmer begegnen; im wärmsten Sommertag 
friert mich, wenn sie mich mit ihren neidgrünen Augen anglotzt"; das 
letzte sprach Hans mehr für sich als für den Müller. 
„wen meinst du?" fragte, neugierig geworden, der Müller. 
„Nun, die alte Mietz vom Wolfbauerngut!" 
„Die Mietz!" wiederholte leise der Müller, und der derbe Mann 
schüttelte sich, wie um eine unangenehme Erinnerung abzuwerfen. 
„Die Leute sagen, Ihr und die Mietz seiet einmal verlobt ge 
wesen?" fragte der Mühljunge, dem die Bewegung des Alten nicht 
entgangen war. 
Jeden anderen Tag würde der Mühljunge für seine indiskrete 
Frage den gebührenden Verweis erhalten haben; wenigstens hätte sich 
der Müller abgewandt und das Gespräch aufgegeben. — Heute war 
aber der alte Mann besonders weich gestimmt und er sagte seufzend: 
„Das war eine traurige Geschichte!" 
„wie ist's gekommen", fuhr der Bursche fort, „daß die Heirat 
nicht fertig wurde, ja daß die Mietz, wie die ganze Umgebung weiß, 
eure Todfeindin geworden ist?" 
Der Müller war in eine seltsame Gemütsaufregung gekommen. 
Er legte feine Hand auf die Schulter Hansens und sprach in leisem, 
aber nachdrücklichem Tone zu ihm: 
„Hans, du bist ein junger, lebensfroher Bursche. — Ich war es 
auch. — Aber laß dich durch den sprudelnden Uebermut der Jugend 
nicht zu leichtsinnigen Streichen verleiten, die dem Alter dann teuer 
zu stehen kommen. 
Diese Mietz war eine reiche Bauerstochter. Das Wolfbauerngut 
war das „rantigste" in der ganzen Gegend. Die Mietz selbst, damals 
die schöne Medy genannt, war ein blitzäugiges Geschöpf — die Leute 
sagten ihr nach, daß sie herzlos und stolz sei; das schreckte mich, den 
jungen Burschen, der sich ungeheuer viel einbildete, nicht im ge 
ringsten; reizte mich vielmehr. Ich wollte um jeden preis ihre 
Eroberung machen. — Und siehst du, Hans, das ist mein arger 
Jugendfehler, daß ich aus Eitelkeit ohne Herzensdrang mich in das 
Herz der spröden Dirne einschleichen konnte! was vielen mit den 
redlichsten Absichten mißglückte, gelang meinem Leichtsinn: Die Mietz 
ward mir mit einer Art selbstsüchtigen Leidenschaft zugetan — (denn 
einer wahren Neigung kann ich sie nicht fähig halten) —^ das war 
mir anfangs freilich eine schmeichelhafte Genugtuung — jetzt aber 
möchte ich diesen Fleck aus dem Buche meines Jugendlebens gern 
auswischen." —
	        
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