Volltext: Matosch-Gedenkbuch [20]

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der gute, alte Franz dann im Winter im Webstuhle saß und fleißig darauf 
loswebte, welch schöne Musik spielten ihm dann seine gefiederten Stuben 
genossen auf! 
Das war ein Leben! Man muß nur das liebe Rotkröpflein, 
den possierlichen Zaunkönig, die munteren Kanarie- Gelblein, die kecken 
Meisen und frischen Finken, die bedächtige, wehmütig angehauchte Amsel 
und den scheinbar gesetzten Drossel-Schwadroneur in der warmen Holzstube 
ihres Nährvaters gesehen haben, wie sie sich herumjagten, wie sie rauften 
und wie sie sich dann auf die Zug- und Schlagstangen des Webstuhles setzten 
und sangen, einzeln und dann wieder durcheinander, daß es eine wahre 
Herzensfreude war! Und wenn der stillvergnügte, behagliche Gimpel abseits 
vom Gewirre und Lärme das ewig schöne Kaiserlied, den Radetzkymarsch 
oder die Dorfweise zu probieren begann, dann verstummten die Natursänger, 
der Franz ließ ein Weilchen Zug und Schütze ruhen und pfiff mit dem 
gelehrigen Schüler stillvergnügt mit, und auch wir Knaben begannen, so 
gut es ging, mitzupfeifen, und daran hatte der gute Kamerad im Gimpel 
häusel auch seine Freude, weil es bei ihm und uns immer besser ging. 
Wir Kinder durften in diese trauliche Vogelstube kommen, wann wir 
wollten, durften schauen und zuhören nach Herzenslust, und wann der 
Sommer kam und die fleißigen Ameisen in den Hölzern aus „Sperlen", 
Halmen, Steinkörnlein und Holzsplittern ganze Haufen zusammengetragen 
hatten, da durften wir auch mitgehen und staunend zusehen, wie dem lieben 
guten Franz die Ameisen selbst unter das Tannenreisig die Gier zusammen 
trugen, welche die Vöglein, diese Feinschmecker, im nächsten Winter als 
Leckerbissen bekamen. Für die Rotkröpflein wurden im Herbste die blutroten 
Trauben des wilden Hollers, für den protzigen Gimpel die schweren, 
„hantigen" Vogelbeeren und für dies und das Vöglein noch allerhand 
Sämereien gesammelt; denn wenn es das nicht bekommt, stimmt der Stimm 
stock nicht. 
Und bei dieser Arbeit sahen uns die lieben Vöglein von den 
Baumzweigen herab zu und sangen uns wohl auch ein Stücklein dabei, 
denn mancher Sänger war darunter, der beim Franz auch schon seine 
warme Winterherberge gehabt hatte und im Frühlinge voll Lust und 
Freiheitsdrang beim Fenster auf Busch und Baum hinausgeflogen war; 
denn sobald die Stare zu pfeifen begannen, behielt der Franz nur wenige 
Vöglein, nur die Stubenvöglein, in seiner Einsiedelei. Jetzt ruht der gute 
Franz schon lange in Gottes stiller Erde, aber wir gedenken seiner noch 
oft, des lieben, alten „Hausbuam". Viel Sinniges und Liebes hat er uns 
durch Blick und Wort und Hantierung dauernd in das weiche Kinderherz 
gepflanzt. 
Und wieder ein anderer „Vöda" war ein Uhrzusammenrichter. Wie 
der jedes Rädlein kannte und wußte, wohin es gehörte und wie es stehen 
müßte! Wir konnten nicht genug staunen. Und dann hatte er eine Uhr, 
die schlug so schön und zart, wenn er auf ein Knöpflein drückte, und eine 
andere, die spielte gar ein schönes Stücklein. Ein Dritter war in Kampf 
und Krieg gewesen, hatte geschossen und gestochen auf böse und feindliche 
Menschen. Wie flammte sein Auge, wenn er von Rovara und dem Vater- 
Radetzky erzählte! Tausend! Uns kam es in Arm und Faust, wir sahen 
das Getümmel und den Pulverdampf und wurden nicht satt, den Kriegs 
helden zu bewundern. 
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