Volltext: Matosch-Gedenkbuch [20]

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Unterhaltung. Zum Teile zwingt ihn dazu die Not, zum anderen Teile 
fehlt ihm dazu die Stimmung. Was im Theater, im Kino, bei den popu 
lären Konzerten in Kaffeehäusern und Weinstuben Unterhaltung und nur 
Unterhaltung sucht, das ist ein ganz eigenartiges, nicht uninteressantes 
Gemisch von Leuten, die im Kriege reich geworden sind, von Soldaten 
(Offiziere nicht ausgeschlossen, hauptsächlich aber im Kriege reich gewordene 
Feldwebel, ein ganz spezieller Typus der österreichischen Kriegswirtschaft), 
die im Hinterland Erholung von den ausgestandenen Strapazen und Zer 
streuung suchen und denen gefällige Damen aus dem ''Arbeiterstande, 
Ladnerinnen, Eomptoiristinnen, Schneiderinnen, Modistinnen, kurz all das, 
was man in Frankreich „Medinette" nennt, die Zeit angenehm vertreiben 
helfen. Da geht es dann so lustig zu, als wenn man mitten im Paradiese 
säße, aber auch so laut, als ob man das Höllenspektakel heraushören würde. 
Es ist dasselbe Publikum, dem mcf)t5 zu gut, nichts zu teuer und nichts 
zu nobel ist, das am Obst- und Gemüsemarkt und beim Zuckerbäcker, aber 
auch beim Konfektionär, beim Schuhwarenhändler und bei der Modistin 
jeden verlangte:: Preis bezahlt. Es mögen nicht wenige darunter sein, 
die ihr Geld auf eben so leichte Weise erworben haben, als sie es aus 
geben, noch viel mehr aber, die nur von heute auf morgen leben und 
denen das Sparen wider die Natur geht. 
Wie schon gesagt, rekrutiert sich ein großer Teil dieses Publikums 
aus dem besser bezahlten Arbeiterstande, also aus dem Stande, dem in 
nächster Zukunft stcker ein großer Einfluß auf die Regierung und die Ver 
waltung des Staates zukommen wird. Wenn er dabei von gleichen Grund 
sätzen ausgeht, wird die Herrlichkeit nicht lange dauern, umso länger aber 
der Katzenjammer. Doch da bin ich unwillkürlich in viel zu ernste Ge 
danken geraten, ich will ja von Kunst und Kunstdingen reden. 
Für die bildende Kunst sorgen in Linz mehrere Vereine, der Ober 
österreichische Kunstverein und der Diözesan-Kunstverein, die beide auf 
eine vieljährige Wirksamkeit zurückblicken, seit neuerer Zeit aber auch die 
Künstlervereinigungen „März" und die „Heimat", von denen die erstere 
kurz vor dem Kriege, die zweite während des Krieges gegründet wurde. 
Kunstvereine in der Provinz haben eine sehr heikle Stellung. Dem 
Publikum repräsentative Kunstwerke aller zur Zeit herrschenden Kunst 
strömungen in guten Exemplaren vorzuführen, dazu fehlen die Mittel und 
in der Regel auch die Aasstellungslokalitäten. In letzterer Beziehung sind 
wir viel schlechter daran, als kleinere benachbarte Städte wie Salzburg, 
Klagenfurt, Olmütz usw. Provinzielle Kunstvereine, wie der oberöster 
reichische Kunstverein, müssen sich deshalb darauf beschränken, in ihren 
Ausstellungen dem Publikum einen kleinen Kunstmarkt zu bieten, dadurch 
das Interesse des Publikums für die bildende Kunst anzuregen und durch 
die von ihm vermittelten Verkäufe, wozu auch die Allkäufe zu eigenen 
Verlosungszwecken gehören, ihr Scherflein zu dem auch ben Künstlern 
nötigen Verdienst beizutragen. 
Gerade der Krieg hat übrigens dem Oberösterreichischen Kunstverein 
Wege gewiesen, die vor demselben allzuselten begangen worden sind. 
Außerstande, auswärtige Künstler in größerer Anzahl zur Ausstellullg her 
anzuziehen, die Kosten und Schwierigkeiten des Transportes verhinderter: 
dies, kam die Leitung des Oberösterreichischen Kunstvereines auf den Ge 
danken, als Notbehelf einmal sich mit den heimischen Kunsterzeugniffel: zu
	        
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