Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

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Die Lehre vom Begriff. 
Einheii zwischen Subject und Prädicat, also auch das Urtheil als 
solches, diese unmittelbare Verknüpfung zwischen Subject und Prädicat, 
zur Entwicklung des Begriffs nicht ausreicht; daher muß in der Ent 
wicklung und Fortbestimmung des Urtheils ein Punkt erreicht werden, 
in welchem die Copula „sich erfüllt" und die Verknüpfung zwischen 
Subject und Prädicat nicht bloß durch „Sein", sondern durch „Sein 
müssen" ausgedrückt wird. Wir können voraussehen, daß dieses 
höchste Urtheil „das apodiktische" sein wird, in welchem schon der 
Schluß steckt und aus welchem derselbe unmittelbar hervorgeht. 
Der Begriff, das Urtheil und der Schluß sind die Kategorien der 
Subjectivität. 
1. Das Urtheil des Daseins. 
Auf diese erste und niedrigste Stufe des Urtheils kommen die 
jenigen Urtheile zu stehen, welche die gewöhnliche Logik die qualita 
tiven Urtheile oder die Urtheile der Qualitität nennt: das positive, 
das negative und das unendliche Urtheil. Es gehört ein sehr geringes 
Urtheilsvermögen dazu, nichts weiter als die Wahrnehmung sinnlicher 
Qualititäten, um zu urtheilen „die Rose ist roth", „die Wand ist 
weiß", der Ofen ist warm u. s. f. Das Einzelne ist ein Allgemeines 
(E — A): das positive Urtheil. Aber vieles Andere ist auch roth, 
auch weiß, auch warm oder kalt u. s. f. Daher muß das Subject 
näher bestimmt werden durch Ausschließung gewisser Prädicate; dies 
geschieht durch das negative Urtheil: das Einzelne ist nicht diese 
oder jene Art (E nicht — B). Genau genommen ist das Einzelne 
nur sich selbst gleich (E — E), es ist das Allgemeine nach Aus 
schließung alles dessen, was nicht E ist (E ----- Nicht-A). Die erste 
Form ist „das identische", die zweite „das unendliche Urtheil". Es 
kommt alles auf die Stellung der Negation an: ob nämlich die Copula 
verneint wird oder das Prädicat (Allgemeine). Die Verneinung der 
Copula bedeutet die Trennung zwischen Subject und Prädicat, d. i. 
das negative Urtheil; die Verneinung des Prädicats oder des Allge 
meinen ist das unendliche Urtheil. In einem Rechtsstreit verneint jede 
Partei (nicht das Recht überhaupt, sondern) das Recht des Gegners: ein 
Beispiel des negativen Urtheils. Dagegen verneint der Verbrecher das 
Recht und das Gesetz als solches, seine Handlungsweise ist das Nicht- 
Recht, das Nicht-Gesetz: giebt ein Beispiel des unendlichen Urtheils? 
* Bd. V. Cap. II. A. Das Urtheil des Daseins. S. 73-89. Vgl. Bd. VI. 
8 172. S. 334-337.
	        
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