Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

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Die Lehre vom Wesen. 
diese empfängi ihn. Aber dieser Anstoß kann nicht geschehen, ohne 
daß die sollicitirende Kraft sich äußert und in Thätigkeit tritt; wozu 
sie selbst sollicitirt sein will. Wie das Ganze und die Theile einander 
wechselseitig bedingen, so müssen die Kräfte sich wechselseitig erregen 
oder sollicitiren. Jede Kraft will von außen erregt sein, sie ruft den 
Anstoß, der ihre Thätigkeit weckt und erregt, selbst hervor; ihr Solli- 
citirtwerden ist ihre eigene Thätigkeit und Aeußerung. „Daß sie solli 
citirt wird, ist daher ihr eigenes Thun, oder es ist durch sie selbst be 
stimmt, daß die andere Kraft eine andere überhaupt und die sollici- 
citirende ist." „Oder sie ist sollicitirend nur insofern, als sie dazu 
bestimmt wird, sollicitirend zu sein." „So ist also dies, daß auf die 
Kraft ein Anstoß durch eine andere Kraft geschieht, daß sie sich inso 
fern passiv verhält, aber hinwieder von dieser Passivität in die Activi- 
tät übergeht, — der Rückgang der Kraft in sie selbst. Sie äußert 
sich." „Der Anstoß, wodurch sie zur Thätigkeit sollicitirt wird, ist ihr 
eigenes Sollicitiren; die Aeußerlichkeit, welche an sie kommt, ist kein 
Unmittelbares, sondern ein durch sie Vermitteltes; so wie ihre eigene 
wesentliche Identität mit sich, nicht unmittelbar, sondern durch ihre 
Negation vermittelt ist; oder die Kraft äußert dies, daß ihre Aeußer 
lichkeit identisch ist mit ihrer Innerlichkeit."* 
Der Gedanke Hegels ist tief und richtig. Die äußeren Eindrücke, 
wodurch z. B. die menschlichen Geisteskräfte, insbesondere die genialen, 
geweckt und erregt werden, sind durch deren Art und Richtung bedingt, 
sie sind deshalb die eigensten Aeußerungen dieser Kräfte und eben des 
halb so interessant und erleuchtend. 
Weil es im Wesen der Kraft liegt, daß sie sollicitirt oder von 
außen erregt werden muß, so wirkt sie noch nicht aus und mit voller 
Freiheit, noch nicht selbstbestimmend und zweckthätig, sondern blind, 
weshalb es falsch ist, die Kräfte auf eine Urkraft zurückführen oder das 
Urwesen als Kraft begreifen zu wollen; hieraus entsteht „eine Ver 
wirrung, an der Herders Gott vornehmlich leidet"? 
3. Das Verhältniß des Aeußeren und Inneren. 
Die Kraft, was sowohl ihre Sollicitation (Erregungszustand) als 
ihre Thätigkeit betrifft, äußert sich und nur sich, ihre Aeußerung ist 
1 Ebendas. IV. b. Die Sollicitation der Kraft, c. Die Unendlichkeit der Kraft. 
S. 168—171. Vgl. über das wesentliche Verhältniß. Bd. VI. §§ 135—136. 
S. 267-275. - 2 Ebendas. § 136. S. 270. Zusatz 1. S. 271 u. 272.
	        
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