Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Die Erscheinung. 
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Das Gesetz bleibt, während die Erscheinungen wechseln; es ist das 
Bleibende im Wechsel der Dinge, daher nennt es Hegel auch die 
Grundlage der Erscheinungswelt, wie man ein Staatsgrundgesetz die 
Grundlage nennen darf, auf welcher das Staatsgebäude ruht; das 
Gesetz ist die Einheit oder Identität in der Mannichfaltigkeit der Er 
scheinungen: es ist die Einheit in der Vielheit (nicht die numerische) 
sondern die wesentliche Einheit in der wesentlichen Vielheit. Da 
diese beiden Seiten nothwendig zu unterscheiden, wie auf einander zu be 
ziehen sind, so bilden sie ein Verhältniß, und zwar, da es sich um das 
Wesen der Dinge handelt, „das wesentliche Verhältniß", dessen 
Formen schon die Art und Weise darstellen, wie Wesen und Erscheinung 
zu vereinigen sind; daher vollenden diese Formen die Kategorien der 
Erscheinung und bilden den Uebergang zu den Kategorien der Wirk 
lichkeit, welche die Einheit des Wesens und der Erscheinung ausmacht? 
III. Das wesentliche Verhältniß. 
1. Das Verhältniß des Ganzen und der Theile. 
Die erste, darum unmittelbare und äußerliche Art, das wesentliche 
Verhältniß zu fassen, besteht darin, daß die Vielheit als in der Ein 
heit enthalten, d. h. als deren Theile und diese als das Ganze be 
griffen wird. Das wesentliche Verhältniß erscheint als das Verhält 
niß des Ganzen und der Theile. Das Verhältniß ist wesentlich: 
keine Seite kann ohne die andere gedacht werden, es giebt kein Ganzes 
ohne Theile und keine Theile ohne Ganzes. Jede Seite setzt die andere 
voraus: das Ganze setzt die Theile voraus und ebenso umgekehrt. 
Nach der einen Auffassung ist das Ganze vor den Theilen, nach der 
anderen verhält es sich umgekehrt: die Theile sind vor dem Ganzen. 
Dort gehen die Theile aus dem Ganzen hervor, hier das Ganze aus 
den Theilen. Wird das Verhältniß des Ganzen und der Theile auf 
den Staat und die Individuen angewendet, so könnte man die beiden 
antinomischen Sätze durch die antike und die neuere Staatslehre sehr gut 
1 Bd. IV. B. Die erscheinende und die an sich seiende Welt. S. 48—153. 
C. Auflösung der Erscheinung. S. 153-155. Vgl. Bd. VI. B. Die Erscheinung. 
§§ 131—134. S. 260-267. - Das Verhältniß von Gesetz nud Erscheinung, 
welches die große Logik in ausführlicher, äußerst schwieriger und dunkler Weise 
darstellt (S. 139—155), behandelt die encyklopädische Logik so gut wie gar nicht 
und bringt statt dessen das Verhältniß von „Inhalt und Form" (S. 263—266), 
wodurch der Gang der Kategorien einige wichtige Bestimmungen einbüßt.
	        
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