Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Die Reflexion. 
495 
des Satzes der Identität und unterliegt denselben Einwürfen, die jenem 
ersten der sogenannten Denkgesetze gemacht worden sind. 
1. Im Gegensatz sind Identität und Unterschied vereinigt. Ent 
gegengesetzte sind identisch, denn nur Begriffe derselben Art (gleich 
artige) können einander entgegengesetzt werden, wie z. B. sechs Meilen 
nach Osten und sechs Meilen nach Westen identisch oder gleichartig 
sind als Wege; wie weiß und schwarz, hell und dunkel identisch sind 
als Lichtarten u. s. f. 
2. Entgegengesetzte sind verschieden, wie sechs Meilen nach Osten 
und sechs Meilen nach Westen verschiedene Wege und zwölf verschiedene 
Meilen sind. 
3. Entgegengesetzte sind entgegengesetzt und verhalten sich zu 
einander wie Positives und Negatives. So sind jene beiden Wege 
in Ansehung ihrer Richtung einander entgegengesetzt. Wenn dieselben 
sechs Meilen nach Osten durchlaufen und dann nach Westen zurück 
gelegt werden, so ist man wieder an dieselbe Stelle gekommen und der 
Zustand der Ortsveränderung gleich Null. 
4. Positives und Negatives sind Reflexionsbestimmungen 
und gehören dergestalt zusammen, daß der Begriff des Positiven keinen 
anderen als nur den des Negativen hervorruft, und ebenso umgekehrt. 
Positives und Negatives aber verhalten sich so zu einander, daß sie 
sich gegenseitig aufheben, jede Seite also den Grund ausmacht, warum 
die andere (ganz oder zum Theil) nicht ist: jede Seite ist negativer 
Grund. So enthält die Entgegensetzung schon den Begriff des 
Grundes, der das Grundthema aller Bestimmungen des Wesens aus 
macht. Dies war auch das Motiv, welches unseren Kant, als ihn das 
Problem der Causalität tiefer zu beschäftigen anfing, veranlaßt hat, 
seine gedankenreiche Schrift zu verfassen: „Versuch, die negativen Größen 
in die Weltweisheit einzuführen". * 
5. Es ist zunächst gleichgültig, welche der beiden Seiten des 
Gegensatzes positiv und welche negativ heißt, jede ist in Beziehung auf 
die andere negativ. Was in der einen Beziehung negativ ist, gilt in 
einer anderen für positiv. So sind die Schulden negatives Vermögen 
in Beziehung auf den Schuldner, positives dagegen in Beziehung auf 
den Gläubiger. 
1 Vgl. meine Gesch. d. neuern Philosophie. Jubil.-Ausg. Bd. IV. (4. Ausl.) 
Buch I. Cap. XIII. S. 206 flgd.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.