Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Die Religion und das absolute Wissen. 
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Ebendas. S. 506-509. 
Die Unschuld der Blumenreligion und das wilde Thierleben als 
ein Sinnbild vernichtender Völkerkriege, ein Bild der Völkerschaften, 
die, wilden Thieren gleich, sich gegenseitig zerreißen, die Eroberung 
und „Unterjochung zu Kasten" erinnern von neuem an das indische 
Religionswesen, das den Aufgang des freien Selbstbewußtseins erdrückt. 
Der Werkmeister, als dessen Werke beispielsweise die Pyramiden 
und Obelisken angeführt werden, bedeutet die demiurgische Thätigkeit 
des ägyptischen Geistes, der solche Werke von starrer Regelmäßigkeit, 
riesenhaften Krystallen vergleichbar, instinctartig hervorbringt, wie die 
Bienen ihre Zellen bauen; dieser deiniurgische Bildungstrieb erhebt 
sich über die unorganischen Formen und greift zur Thiergestalt, um 
in stummen und bedeutsamen Bildern sich einen hieroglyphischen Aus 
druck zu verschaffen, er vermischt die bewußtlosen Gestalten mit den 
bewußten zu räthselhaften Gebilden, und schreitet fort bis zur Menschen 
gestalt, zur Memnonssäule, die aber noch nicht vom Geist der Sprache 
beseelt ist, sondern, vom ersten Strahle des Lichts getroffen, nur er 
klingt. „Die Seele der menschlich geformten Bildsäule kommt noch 
nicht aus dem Innern, ist noch nicht die Sprache, das Dasein, das 
an ihm selbst innerlich ist." „Der Werkmeister vereint daher beides 
in der Vermischung der natürlichen und der selbstbewußten Gestalt, 
und diese zweideutigen sich selbst räthselhaften Wesen, das Bewußte 
ringend mit dem Bewußtlosen, das einfach Innere mit dem viel 
gestaltigen Aeußeren, die Dunkelheit des Gedankens mit der Klarheit 
der Aeußerung paarend, brechen in die Sprache dieser schwer verständ 
lichen Weisheit aus."* 
II. Die Kunstreligion. 
Es sind bedeutsame und räthselhafte Gebilde, diese Mischwesen 
von Thier und Mensch, in deren Hervorbringung der Werkmeister sich 
an das Licht ringt. Die Lösung des Räthsels ist der Sieg des Geistes 
über die niederen Formen der Natur und seine Darstellung in der 
ihm adäquaten Menschengestalt. Der Werkmeister ist zum Künstler und 
geistigen Arbeiter, die Religion ist zur Kunstreligion geworden, in der 
sich alles zuni Kunstwerk gestaltet: der Kultus, das öffentliche wie 
das geistige Leben. Der wirkliche Geist, der in der Kunstreligion sein 
Wesen darstellt und anschaut, ist „das freie Volk, worin die Sitte die
	        
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