Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

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Der Geist. 
* Ebendas. S. 451. — * Ebendas. S. 452. - - Ebendas. S. 454. 
gut und lauter sein; und doch ist jede gute Handlung eine Quelle der 
Befriedigung und des Glücks. So wird zur Gegenwart gemacht, was 
nicht in der Gegenwart sein sollte. Das Bewußtsein spricht es also 
durch die That aus, daß es mit dem Postuliren nicht Ernst ist. 
2. Im Einzelnen und durch einzelne Handlungen geschieht in der 
Welt unendlich viel Gutes. Das moralische Bewußtsein aber schätzt 
die einzelnen Handlungen gering und schaut empor zu dem absolut 
Guten als dem erhabenen, über alles Einzelne weit hinausgestellten 
Endzwecke der Welt oder dem Weltbesten. Und so verstrickt sich das 
moralische Bewußtsein in folgenden Widerspruch: „Weil das allgemeine 
Beste ausgeführt werden soll, darum wird nichts Gutes gethan"? 
3. Alles moralische Handeln besteht im fortwährenden Kampf 
mit der Sinnlichkeit. Wie in jedem Kampf, so wird auch in diesem 
der endgültige Sieg erstrebt. Wie nach jedem Siege, so muß auch nach 
diesem der Kampf aufhören und darf nicht mehr fortbestehen. Daher 
dieser Widerspruch: „Weil das moralische Handeln der absolute Zweck 
ist, so ist der absolute Zweck, daß das moralische Handeln gar nicht 
vorhanden sei"? 
4. Aber der Sieg oder die Vollendung der Moralität, da sie in 
keiner Gegenwart stattfinden darf, wird in eine künftige Welt als in 
eine neblichte Ferne hinausgerückt, wo nichts mehr genau zu unter 
scheiden ist, so daß in aller Gegenwart und Wirklichkeit die Moralität 
in Zwischen- und Mittelzuständen besteht, d. h. in einer unvollkommenen 
Moralität, die so gut ist als gar keine. 
Da nun das moralische Bewußtsein im Bewußtsein des Kampfes 
mit und des Gegensatzes zu der Sinnlichkeit besteht, so ist mit dem 
absoluten Siege über die letztere am Ziele der Zeiten das moralische 
Bewußtsein und damit die Moralität selbst erloschen und aufgehoben. 
Setzen wir nun, daß von jenen Mittelzuständen zu diesem absoluten 
Ziele ein beständiges Fortschreiten stattfinde, so müßte diese fort 
schreitende Moralität sich mehr und mehr ihrem Untergange annähern, 
also ein beständiges Untergehen und Abnehmen sein. 
Sind aber alle Mittel- und Zwischenzustände unvollkommene 
Moralität und darum so gut als gar keine oder gleich der Nicht 
moralität, so kann auch die Glückseligkeit nicht durch Würdigkeit ver 
dient, sondern nur aus freier Gnade empfangen werden, d. h. sie wird
	        
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