Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

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Das Vernunftbcwutztsein. 
der Sache nicht gefunden und festgestellt werden; das Gesetz aber liegt 
nicht am Tage, wie die sinnlichen Eigenschaften, sondern ist verborgen 
und muß daher ergründet oder erforscht werden. Diese Erforschung 
geschieht durch den Versuch oder das Experiment, welches daher eine 
wesentliche und charakteristische Aufgabe der beobachtenden Vernunft 
bildet. Bacon als der Begründer der Erfahrungsphilosophie hatte 
das Experiment zur Ausübung der naturwissenschaftlichen und philo 
sophischen Methode gefordert und als «experientia quaesita» ebenso 
bündig wie treffend erklärt; er hatte die wesentlichen Bedingungen 
einer Erscheinung «vera ckitlereiUia» genannt, weil sie gefunden 
werden, indem man von den gegebenen Bedingungen die unwesentlichen 
abzieht. 1 Ohne Bacon zu neunen, hat Hegel dieses Verfahren der ex- 
perimentirenden Beobachtung ganz nach dessen Vorbild geschildert. Er 
sagt vom Vernunftinstinct: „Er stellt Versuche über das Gesetz an. 
Wie das Gesetz zuerst erscheint, stellt es sich unrein, umhüllt von 
einzelnem, sinnlichem Sein, und der Begriff, der seine Natur ausmacht, 
sich im empirischen Stoff versenkt dar. Der Vernunftinstinct geht in 
seinen Versuchen daraus, zu finden, was unter diesen und jenen Umständen 
erfolgt." — „Diese Forschung hat die innere Bedeutung, reine Be 
dingungen des Gesetzes zu finden; was nichts anderes sagen will 
(wenn auch das Bewußtsein, was sich so ausdrückt, meinen sollte, es 
sage damit etwas anderes) als das Gesetz ganz in die Gestalt des 
Begriffs zu erheben und alle Gebundenheit seiner Momente an 
bestimmtes Sein zu tilgen." 2 
8. Die organische Natur und der Zweckbegriff. (Kielmeher und Schelling.) 
Um den reinen Begriff eines Dinges zu gewinnen, welchen der 
Vernunftinstinct sucht, müssen die sämmtlichen Merkmale desselben be 
schrieben, die wesentlichen unterschieden, die Gesetze seines Daseins und 
seiner Veränderungen auf experimentellem Wege erkannt sein. Diese 
Gesetze sind nothwendige Beziehungen, deren Seiten Erscheinungen, 
äußere Objecte, seiende Bestimmtheiten sind. Dies gilt nur von den 
Dingen der unorganischen Natur. 3 Anders verhält es sich mit den 
Dingen der organischen Welt, deren Gesetze der beobachtenden Vernunft 
1 Vgl. mein Werk über Francis Bacon. (2. Auff. Leipzig, Brockhaus 
1875.) Buch II. Cap. IV u. V. S. 177 flgd., S. 200-210. - - Phänomenologie. 
Werke. II. S. 185 u. 186. - - Ebendas. S. 218.
	        
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