Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

304 
Die Phänomenologie des Geistes. 
1 Ebendas. Einleitung. S. 66. 
Wendigkeit und eigenen Gesetzmäßigkeit in sich, daß diese nichts andres 
zu thun hat, als den Gang des Bewußtseins zu verfolgen und zu be 
trachten. Es bleibt ihr, wie Hegel sagt, „nur das reine Zusehen". 
„Nicht nur nach dieser Seite, daß Begriff und Gegenstand, der Maaß 
stab und das zu Prüfende, in dem Bewußtsein selbst vorhanden ist, 
wird eine Zuthat von uns überflüssig, sondern wir werden auch der 
Mühe der Vergleichung beider und der eigentlichen Prüfung über 
hoben, so daß, indem das Bewußtsein sich selbst prüft, uns auch von 
dieser Seite nur das reine Zusehen bleibt." 1 
Etwas aber hat der Betrachter vor seinem Gegenstände voraus, 
und eben darin unterscheidet sich die Phänomenologie des Geistes von 
ihrem Gegenstände, nämlich dem in seiner unwillkürlichen Umgestaltung 
und Metamorphose begriffenen Bewußtsein: was nach dem Ausdrucke 
Hegels „gleichsam hinter dem Rücken des Bewußtseins geschieht", das 
ist dem phänomenologischen Betrachter einleuchtend und geschieht vor 
seinen Augen. Das Bewußtsein glaubt, daß jenes Ansich, womit es 
den Gegenstand vergleicht und prüft, außerhalb seiner Sphäre ist un 
völlig unabhängig von seinem Wissen und Meinen, es weiß nicht, daß 
dieses Ansich, der Maaßstab seiner Vergleichung und Prüfung, auch 
sein Gegenstand und Gedanke ist; dies aber weiß der phänomenologische 
Betrachter. Die Personen, die eine Geschichte erleben, wissen nicht, 
wohin sie treiben; wohl aber weiß es der Erzähler, der die Geschichte 
mit völliger Objectivität schreibt und dieselbe genau so geschehen läßt, 
wie sie in Wahrheit verlaufen ist. Wie sich die Erzählung von den 
Personen ihrer Geschichte und deren Schicksalen unterscheidet, so unter 
scheidet sich die Phänomenologie von dem Gange und den Erlebnissen oder 
Erfahrungen des Bewußtseins. Zu dem Gange und den Erfahrungen 
des Bewußtseins gehören eine Reihe nothwendiger Täuschungen und 
Selbsttäuschungen, die erlebt und erlitten werden müssen, um erkannt 
zu werden; die Phänomenologie dagegen durchschaut diese Täuschungen 
und ist selbst davon frei. III. 
III. Der Stufengang des Bewußtseins. 
1. Die Hauptstufen. 
Da das Bewußtsein sich selbst sowohl auf die Gegenstände bezieht 
als davon unterscheidet, so sind die Dinge und das eigene Selbst die
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.