Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

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Hegels Aufsätze im kritischen Journal. 
Geld herzuleiten ist als dasjenige Ding, welches darin sein sollte, aber 
nicht ist, als das dazu gehörige Object mit dem negativen Vorzeichen. 
Wie sich der leere Geldbeutel zu dem Geld, so verhalte sich das ftchtesche 
Ich zu den Dingen. Aus dem leeren Beutel kann das Geld unmittel 
bar deducirt werden, weil es in seinem Mangel unmittelbar gesetzt ist. 
So verhalte es sich mit der Deduction der Sinnenwelt aus dem reinen 
Wissen. 1 
Auch der Wille, der dem theoretischen Ich und seiner Entwicklung 
zu Grunde liegt und dessen Vorstellungsthätigkeit beständig treibt und 
erhöht, soll auf das Nicht-Jch wirken und es überwinden: „Diese 
Forderung ist der Kulminationspunkt des Systems: Ich soll gleich 
Nicht-Jch sein, aber es ist kein Jndifferenzpunkt in ihm zu erkennen". 
Das Ich als die Einheit der Weltgegensätze, als die Identität des 
Subjectiven und Objectiven hat diesen seinen Begriff zu realisiren. 
Wenn es seinen Zweck erfüllt und diese Aufgabe gelöst hat, dann gilt 
im wahren Sinne des Worts sowohl der Satz „Ich ^ Ich", als auch 
der Satz „Ich = Nicht-Jch". Nun aber ist in der fichteschen Philo 
sophie dieses Ziel nie zu erreichen, es kommt nicht zum Sein, sondern 
bleibt beim Sollen. Eben darin besteht nach Hegel der Grundmangel 
der fichteschen Lehre: die Identität des Subjectiven und Objectiven 
bleibt ein Jenseits und kommt nicht im Wissen, sondern nur im 
Glauben zu Stande. Diesen wesentlichen Mangel und inneren Wider 
spruch der fichteschen Philosophie hat Hegel sowohl in seiner Schrift 
über die „Differenz des fichteschen und schellingschen Systems", als auch 
in seiner Abhandlung über „Glauben und Wissen" erleuchtet und 
nachgewiesen. Es ist daher bei aller sonstigen Verschiedenheit kein 
Widerspruch zwischen den beiden genannten Schriften, wenn in der 
ersten das Hauptgewicht darauf gelegt wird, daß Ich — Ich sein soll, 
aber nicht wird, und in der zweiten darauf, daß Ich — Nicht-Jch sein 
soll, aber nicht wird.^ Das Ich behagt sich in dem Gefühle der 
fruchtlosen Erhabenheit seines Wollens und Sollens. „Und es bleibt 
nichts als die hohle Declamation, daß das Gesetz um des Gesetzes 
willen, die Pflicht um der Pflicht willen erfüllt werden müsse, und 
wie das Ich sich über das Sinnliche und Uebersinnliche erhebe, über 
den Trümmern der Welten schwebe" u. s. f.^ 
1 Hegels Werke. I. S. 123. - 2 Bgl. oben Buch II. Cap. II. S. 238. 
Hegels Werke. Bd. I. S. 117 u. S. 163flgd. S. 209 u. 210. - - Ebendas. S. 189.
	        
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