Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

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Hegels Aufsätze im kritischen Journal. 
dienst, zwischen Ding an sich und Erscheinung unterschieden und dadurch 
die durchgängige Confusion der dogmatischen Philosophie für immer 
aufgehoben und zerstört zu haben: diese epochemachende That Kants 
habe Jacobi nicht zu erkennen und zu würdigen gewußt, da er selbst 
die Dinge und die Dinge an sich nicht unterscheiden konnte und nicht 
unterschieden hat. Daraus erklärt sich, daß ihm die kantische Er 
scheinungswelt als völlig boden- und wesenlos, als durch und durch 
nichtig und gespenstisch vorkam und ebendeshalb Entsetzen und Schauder- 
erregte. „Daß solche Absoluta der objectiven Endlichkeit negirt und 
als nichts an sich erkannt und consequenter Weise ebenso die subjective 
Endlichkeit, das sinnliche und reflectirt denkende Ich, mein Alles, auch 
nur leeres Blendwerk von Etwas an sich wäre: daß mein endliches 
Alles ebensogut vor der Vernunft zu Grunde geht, als das Alles des 
objectiven Endlichen; — das ist für Jacobi das Entsetzliche und 
Schauderhafte. Die Verabscheuung der Vernichtung des Endlichen ist 
ebenso sixirt, als das Correspondirende, die absolute Gewißheit des 
Endlichen, und wird sich als den Grundcharakter der jacobischen Philo 
sophie durchaus erweisen." 1 
Daß die Dinge außer uns und unabhängig von uns in aller 
Wahrheit und Wirklichkeit existiren: das ist für Jacobi Sache der 
Offenbarung und des Glaubens. Auf diesen Glauben, dem die kantische 
Philosophie schnurstracks zuwiderläuft, gründet sich alle weitere jacobische 
Philosophie. „Wir werden alle im Glauben geboren und müssen im 
Glauben bleiben. Durch den Glauben wissen wir, daß wir einen 
Körper haben, und daß außer uns andere Körper und andere denkende 
Wesen vorhanden sind. Eine wahrhaft wunderbare Offenbarung! 
Denn wir empfinden doch nur unseren Körper, so oder anders be 
schaffen; und indem wir ihn so oder anders beschaffen fühlen, werden 
wir nicht allein seine Veränderungen, sondern noch etwas davon ganz 
Verschiedenes, das weder bloß Empfindung noch Gedanke ist, andere 
wirkliche Dinge gewahr und zwar mit eben der Gewißheit, mit der 
wir uns gewahr werden; denn ohne Du ist das Ich unmöglich. Wir 
erhalten also, bloß durch Beschaffenheiten, die wir annehmen, alle Vor 
stellungen, und es giebt keinen anderen Weg reeller Erkenntniß; denn 
die Vernunft, wenn sie Gegenstände gebiert, so sind es Hirngespinste. 
So haben wir denn eine Offenbarung der Natur, welche nicht allein 
* Ebendas. S. 59.
	        
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