Hegels Berufung nach Berlin.
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Formen auf das arme niedere Volk angewendet und erprobt hatte,
sollte erweitert, stufenmäßig geordnet auf das gesammte Volk aus
gedehnt und vom Staate selbst geleitet werden. Dies war Steins
Absicht, womit auch Fichte ganz übereinstimmte, der während seines
Aufenthaltes in Königsberg die Methode des ihm befreundeten Pesta
lozzi studirte und die Nationalerziehung in diesem Sinn alsbald zum
Thema seiner „Reden an die deutsche Nation" machte (1808)?
2. Altensteins Denkschrift. Der erste preußische Cnltusminister.
Von diesen Ideen erfüllt, mit Steins Reformen und Reformplänen
einverstanden, ein Freund der fichteschen Philosophie, hat Altenstein
nach dem Frieden von Tilsit über das neu zu gestaltende Erziehungs
wesen eine Denkschrift verfaßt, welche er vorher mit Hardenberg,
Schön und Niebuhr berathen (1807). Nach der Entlassung Steins
wurde er Staatsminister und mit der Leitung der Finanzen betraut,
um die Mittel und Wege zur Abzahlung der ungeheuren Kriegsschuld
Preußens ausfindig zu machen. Da er diese Aufgabe finanziell nicht
zu lösen vermochte, so rieth er dem Könige zu neuen Gebietsabtretungen,
wogegen Hardenberg, seit 1810 preußischer Staatskanzler, Altensteins
Entlassung empfahl, obwohl er dessen aufrichtiger Freund und Gönner
war und blieb.
Im Jahre 1813 wurde Altenstein Civilgouverneur von Schlesien
und zwei Jahre später nach Paris gesendet, um mit Wilhelm von
Humboldt die Rücknahme der im Kriege geraubten Kunstschätze zu be
sorgen. Seine Laufbahn hatte ihn mit den ersten Männern der Zeit,
wie Stein, Hardenberg, Schön, Niebuhr, W. v. Humboldt u. a. in ent
scheidenden Momenten und bedeutungsvollen Wirksamkeiten zusammen
geführt, bevor er am 3. November 1817 „Cultusminister" wurde, der
erste dieser Bezeichnung, den Preußen gehabt hat, und einer der rühm
lichsten, während einer Amtsführung, welche zwei Jahrzehnte überdauert
hat (3. November 1817 bis 28. December 1838).
3. Universitäten. Gründungen und Gefahren.
Das verheißungsvolle und trostreiche Wort des Königs, daß der
Staat an geistigen Kräften ersetzen müsse, was er an physischen ver
loren habe, sollte durch die neue staatliche Volkserziehung, durch die
Gründung neuer Schulen und Universitäten erfüllt werden. Während
i Vgl. dieses Werk. Bd. V. (Fichte. 2. Aust.) Buch II. Cap. V. S. 314flgd.
Buch IV. Cap. VII. S. 731—747. (Jubiläumsausgabe Bd. VI.)