Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

112 Hegel als Professor der Philosophie in Heidelberg. 
bloß zu bewilligen, sondern zu verwalten und zu verwenden, ist es 
nicht weit bis zu dem Recht, Truppen zu werben und zu halten, wie 
die Stadt Emden in Ostfriesland ein solches Recht besaß. 
In der altwürttembergischen Verfassung standen Fürst und ständischer 
Ausschuß wie zwei Regierungsgewalten, wie Staat und Gegenstaat 
einander gegenüber, daher konnten zwischen beiden, wie es auch in 
Wirklichkeit geschah, Händel und Schwierigkeiten entstehen, welche von 
einer höheren, schiedsrichterlichen Gewalt ausgemacht und entschieden 
werden mußten. Diese höhere Gewalt war Kaiser und Reich. Kaiser 
und Reich sind nicht mehr; daher auch ein solcher dualistischer Staat 
und eine solche dualistische Staatsverfassung, wie die altwürttem- 
bergische gewesen war und die Landstände in den Jahren 1815 und 
1816 zurückforderten, nicht mehr sein kann, denn die feudalistische 
Grundlage und Voraussetzung, von denen sie abhing, sind für immer 
gefallen. 
6. Diese Zusammengehörigkeit der altwürttembergischen land 
ständischen Verfassung mit dem heiligen römischen Reich liegt am Tage. 
Einige kleinere, vormals reichsunmittelbare Gebiete, wie z. B. die 
Grafschaft Limpurg, waren dem Königreich Württemberg einverleibt 
worden, und ihre Vertreter gehörten in der neuen Verfassung zu den 
Virilstimmen. Nun erklärte der Vertreter der Grafschaft Limpurg, 
daß für diese das heilige römische Reich noch bestehe, da das hochgräf 
liche Haus die Abdication des römischen Kaisers (6. August 1806) 
nicht anerkannt habe! Dies war eine der vielen gegenstandsleeren Be 
gründungen und Dednctionen, welche Hegel als «querelle d’allemand» 
bezeichnet hat, von denen die Verhandlungen der Württembergischen 
Landstände wimmelten: „Der Geist des Formalismus und der 
Particularität hat bekanntlich von jeher den Charakter und das 
Unglück Deutschlands in der Geschichte gemacht; dieser Geist hat sich 
hier in seiner ganzen Stärke gezeigt. Will man ihn Deutschheit 
nennen, so hätte nichts deutscher sein können, als die Gesinnungen 
der altwürttembergischen Deputirten, den Adel miteingeschlossen. Ver 
stünde man aber unter Deutschheit etwas, bei aller Verschiedenheit 
der Territorialherrschast seinem Begriffe nach Allgemeines und Ver 
nünftiges, so wird es schwer sein, etwas Undeutscheres zu finden, 
als jene Gesinnung." „Es entsteht aus solcher Auseinandersetzung 
das gewöhnliche endlose Hin- und Herreden, weil solche Gründe und 
1 Mendas. S. 295.
	        
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