Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Hegel als Professor der Philosophie in Heidelberg. 111 
vernichtet worden, aber der Kaufmann will fortleben, als ob Schiff 
und Schatz noch vorhanden wären; er vergleicht sie auch, um das Bild 
nach beiden Seiten auszuführen, mit einem Gutsbesitzer, dem eine 
wohlthätige Ueberschwemmung seinen Sandboden mit fruchtbarer Damm 
erde überzogen hat, aber der Gutsbesitzer will nicht mit dem fruchtbaren 
Boden wirthschaften, sondern den alten Sand wieder haben. 
4. Ohne Bild zu reden: diese vernichtenden Stürme, diese wohl 
thätige Ueberschwemmung sind die letzten fünfundzwanzig, meist fürch 
terlichen Jahre gewesen (1790—1815), wohl die reichsten, welche die 
Weltgeschichte gehabt hat, die lehrreichsten für uns, da unsere Welt 
und unsere Vorstellungen diesem Zeitalter angehören. Es konnte kaum 
einen furchtbareren Mörser geben, um die falschen Rechtsbegriffe und 
Vorurtheile über Staatsverfassungen zu zerstampfen, als das Gericht 
des letzten Vierteljahrhunders, aber die Württembergischen Landstände sind 
unversehrt daraus hervorgegangen, so wie sie vorher waren? Sie wollen 
das Todte, unwiederbringlich Vergangene wieder beleben, sie fordern 
die Wiederherstellung feudaler, mittelalterlicher, verrotteter Zustände 
und legen dadurch an den Tag, „daß sie von ihren Aufgaben nicht 
bloß keinen Begriff, sondern keine Ahnung haben". Die Verhand 
lungen dieser Landesversammlung bilden ein merkwürdiges Widerspiel 
zur französischen Revolution: hier spielen die Landstände ancien regime, 
und der König reprüsentirt die Staatsvernunft und den vernünftigen 
Staat. In dem Kampf des vernünftigen Staatsrechts mit der Masse 
positiver Rechte und Privilegien, sind es die Landstände, welche als die 
Vertheidiger der Privilegien und Particularinteressen erscheinen. 
5. Einer der wesentlichsten und eigenthümlichsten Bestandtheile 
der altwürttembergischen Verfassung war der permanente ständische 
Ausschuß in Stuttgart, der die Steuerkasse des Landes nicht bloß zu 
bewahren und zu controliren, sondern auch zu verwalten, Beamte 
und Consulenten anzustellen hatte, Besoldungen und Besoldungszu 
schüsse, Remunerationen und Pensionen ohne alle Controle anordnen 
durfte, was eine Privatplünderung der Staatskasse, eine innere Zer 
rüttung und sittliche Versumpfung zur Folge hatte und dazu führte, 
daß in den 26 Jahren von 1771—1796, dem Zeitraume zwischen den 
beiden letzten Landesversammlungen, von seiten des ständischen Aus 
schusses nachgewiesenermaßen nicht weniger als 4238000 Gulden ge 
setzwidrig verwendet worden sind. Von dem Recht, Steuern nicht 
* Werke. Bd. X VI. S. 266.
	        
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