Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

84 Hegels publicistisLe und pädagogische Wirksamkeit im Königreich Bayern. 
die Litteratur der Griechen vornehmlich und dann die der Römer die 
Grundlage zu sein und zu bleiben. Die Vollendung und Herrlich 
keit dieser Meisterwerke muß das geistige Bad, die profane Taufe sein, 
welche der Seele den ersten unverlierbaren Ton, die Tinktur für Ge 
schmack und Wissenschaft giebt. Und zu dieser Einweihung ist nicht 
eine allgemeine, äußere Bekanntschaft mit den Alten hinreichend, sondern 
wir müssen uns ihnen in Kost und Wohnung geben, um ihre Luft, 
ihre Vorstellungen, ihre Sitten, selbst, wenn man will, ihre Irrthümer 
und Vorurtheile einzusaugen, um in dieser Welt einheimisch zu werden, 
— der schönsten, die je gewesen ist. Wenn das erste Paradies, das 
Paradies der Menschennatur war, so ist das zweite, das höhere, 
das Paradies des Menschengeistes, der in seiner schöneren Natür 
lichkeit, Freiheit, Tiefe und Heiterkeit, wie die Braut aus ihrer Kammer 
hervortritt. Die erste wilde Pracht seines Aufgangs im Morgenlande 
ist durch die Herrlichkeit der Form umschrieben und zur Schönheit ge 
mildert; er hat seine Tiefe nicht mehr in der Verworrenheit, Trüb 
seligkeit und Aufgeblasenheit, sondern sie liegt in unbefangener Klarheit 
offen, seine Heiterkeit ist nicht ein kindisches Spielen, sondern über die 
Wehmuth hergebreitet, welche die Härte des Schicksals kennt, aber durch 
sie nicht aus der Freiheit über sie getrieben und aus dem Maße ge 
trieben wird. Ich glaube nicht zu viel zu behaupten, wenn ich sage, 
daß, wer die Werke der Alten nicht gekannt hat, gelebt hat, ohne die 
Schönheit zu kennen. 1,1 
In seinem ersten Briefe aus Nürnberg, nachdem er das Normativ 
kennen gelernt und die darin enthaltene Würdigung der classischen 
Studien, schreibt Hegel an Niethammer: „Meinen Dank sage ich Ihnen 
nicht nur für das Ganze, sondern vornehmlich auch für die Empor 
hebung des Studiums der Griechen; seien Sie dafür drei, sieben und 
neun mal gepriesen, sowie für das Negativ der Ausmerzung aller der 
Schnurrpfeifereien, wie Technologie, Oekonomie, Papillvnfaugen u. s. f., 
wie die weise Classen-Vertheilung u. s. f., für Verweisung nicht dieser 
Dinge an die Realabtheilung, sondern für die Errichtung eines gleich 
falls gründlichen Studiums der wahren, d. h. der wissenschaftlichen 
Realkenntnisse in derselben". ^ 
Was das Verhalten Hegels als Rector und Lehrer zu den Schülern 
betraf, so hat einer seiner ältesten Schüler und späterer Amtsnachfolger, 
1 Vermischte Schriften. S. 185, 138 u. 139. Vgl. Br. an Niethammer. — 
2 Briefe von und an Hegel. I. S. 211 flgd. (Br. v. 14. December 1808.)
	        
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