Volltext: Vom Frühjahr 1915 bis zum Kriegsende 1918 (2 ;)

An der Kampffront der Kaiserjägerbrigade waren- noch am 31.Oktober 1918 Fersetzungs- 
erscheinungen nicht wahrzunehmen. Alles vollzog sich befehlsgemäß und ich selbst erlangte erst 
durch den erwähnten Befehl des Brigadekommandos Kenntnis davon, daß ein Rückzug von der 
Pasubio-Zront in Betracht gezogen werde; und als ich der Mannschaft meines Bataillons an 
diesem Lage den Befehl zum Beziehen der Aufnahmsstellung beim Werk Serrada erläuterte, 
bekundeten alle laut ihre Entschlossenheit, diese Stellung bis zum letzten Mann zu halten. 
Sn Durchführung dieses Befehles begriffen, traf ich — als ich mit dem Bataillon abends 
vom Pafubio in das Eerragnolotal kam — in Geroli den Kommandanten des XIV. Korps (GdS. 
Frech. von Verdroß) und den Kommandanten der Kaiserjägerdivision (GM. Fürst zu Schwarzen¬ 
berg), welche beide Vorgesetzte, wie sie mir sagten, mich dort erwartet hätten. 
Der Korpskommandant stellte an mich die Frage, ob ich mich freiwillig dazu melde, mit meinem 
Bataillon nach Snnsbruck abzugehen, um dort den Schutz Seiner Majestät des Kaisers zu über¬ 
nehmen. Sch bejahte dies selbstverständlich, ohne zu zögern. Die gleiche Frage richtete der Korps- 
kommandant an die Mannschaften meines Bataillons und auch diese erklärten sich einstimmig, 
begeistert und in Hochrufe auf Seine Majestät ausbrechend, hiezu bereit und viele küßten mir mit 
Tränen in den Augen die Hand, mir Treue bis zum letzten Atemzug gelobend. 
Aach kurzer Rast in Piazza trat ich mit dem Bataillon durch das Terragnolotal und dann 
Uber den Sattel von Volano — auf welchem bereits schweres feindliches Artilleriefeuer lag — 
den Marsch an die Bahnlinie an, um womöglich noch in Lalliano einen Eisenbahnzug zu erreichen. 
Da in Ealliano keine Hugsgarnitur stand, setzte ich den Marsch nach Mattarello fort, wo ich 
am 1. November um die Mittagsstunde eintraf. 
Die Mannschaft vollzog den mühseligen, beschwerlichen, im feindlichen Artilleriefeuer liegenden, 
fast 24stündigen Marsch vom Pasubio bis Mattarello in musterhafter Ordnung und Disziplin. 
Sn Mattarello sah ich im Bahnhof eine Lokomotive unter Dampf mit mehreren, für mein 
Bataillon gerade ausreichenden' Waggons und stellte das Verlangen, diese Garnitur meinem 
Bataillon zur Verfügung zu stellen. Da meinem Begehren nicht sofort stattgegeben wurde, erklärte 
ich die Fugsgarnitur für beschlagnahmt und ließ die Waggons, welche bereits von allen möglichen 
Leuten der Etappe voll besetzt waren, durch Patrouillen meines Bataillons säubern, was angesichts 
der Entschlossenheit meiner Leute in wenigen Augenblicken und ohne Blutvergießen durchgefUhrt 
werden konnte. Hierauf waggonierte ich mein Bataillon ein und gab dem Lokomotivführer den 
Auftrag zur Fahrt. 
Sn Snnsbruck traf ich mit dem Bataillon — nach Überwindung mannigfacher Hindernisse — 
in der Nacht vom 3. auf den 4. November ein. Als ich im Hauptbahnhofe vor dem auswaggo- 
nierten Bataillon stand, kamen mehrere mir unbekannte Herren — die sich als Deputation der 
Landesregierung vorstellten — zu mir und setzten mir zu meinem größten Erstaunen auseinander, 
daß ich mit meinem Bataillon, weil kaisertreu, als unverläßlich betrachtet und daher entwaffnet 
werde. Als ich den Herren erwiderte, daß sie meine Waffen auf ihre Schädel, niemals aber in 
ihre Hände bekommen würden, ließen sie mich weiter unbehelligt. 
Später fiel dieses Bataillon — wie auch alle anderen in die Heimat gelangten Kampftruppen¬ 
teile — der bekannten „Deutsch-Demobilisierung" zum Opfer und wurde zum Teil abgerüstet, 
während sich der übrige Teil unter meinem Kommando im „grünen Bataillon Samen" sofort zum 
Ordnungsdienste zur Verfügung stellte". 
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