Volltext: Vom Frühjahr 1915 bis zum Kriegsende 1918 (2 ;)

Zn diesem Sinne halte ich eine kurze Ansprache. Dann erkläre ich ihnen, aus all dem Vorher¬ 
gegangenen sei leider auch die Waffenabgabe der in der Front befindlichen Truppen anzunehmen. 
Ob aber ein Durchbruch unsererseits gelinge, sei zweifelhaft, sicher jedoch sei, daß er neuerliche, 
vielleicht große Blutopfer fordern werde......„Zhr habt alle Eure Pflicht bis zuletzt getan, 
dafür bin ich «Zeuget — Legen wir daher unsere Waffen ab in der Hoffnung, in wenigen Tagen, 
wie die italienischen Kommanden mir versichert haben, in unsere Heimat zn kommen!" 
«Zn voller Disziplin nehmen die Kaiserjäger diese bittere, letzte Tntscheidung hin. 
Das liefe Mißtrauen aber, das nicht von mir weichen will, drängt mir noch folgende Anwei¬ 
sung für meine Leute auf: . . . „Keine Waffen, feien es Stutzen, Bajonette, Handgranaten oder 
Patronen, gebrauchsfähig zurückzulaffen. Zeder versorge sich ans den beim Train befindlichen 
Vorräten an Verpflegung, Rauchsorten nnd Bekleidungsstückenl" 
Dann teile ich dem italienischen Offizier mit, daß wir die Waffen ablegen, nur um unnützes 
Blutvergießen zu vermeiden. Zch vertrane anf das Versprechen, daß wir in wenigen Tagen in 
unsere Heimat abgeschoben werden. 
Sichtlich erleichtert machte der Offizier seinem Regimentskommando sofort Meldung. 
Die Zäger sind eifrig dabei, die Waffen gebrauchsunfähig zu machen. Handgranaten nnd Mn- 
nition wandern in den Wafsergraben neben der Straße. Das Schmettern der an den Meilensteinen 
zerberstenden Kolben der Stutzen unterbricht die unheimliche Stille. Die Linsen der funkel¬ 
nagelneuen Trieder, welche wir im Magazin am Nordausgang von Trient herrenlos vorfanden 
und verladen halten, werden eingeschlagen. Die Kasse des Bataillons wird geöffnet und das 
vorhandene Bargeld möglichst gleichmäßig an die Leute verteilt. 
Ohne ein Wort der Erwiderung sieht der italienische Offizier der Vernichtnng unserer Waf¬ 
fen und Ausrüstung zu. 
Die brave Mannschaft bringt die Bitte vor, ich möge erreichen, daß ich bei ihnen bleiben 
könne, um später gemeinsam mit ihnen in die Heimat abgehen zn können. Diese Bitte geht Uber 
den Tenente an sein Kommando. Bald kommt die Bewilligung und auch die Anordnung, daß 
mir als Kommandant das Tragen der Seitenwaffe nnd der Pistole ohne Munition gestattet 
werde — in Anerkennung des so braven soldatischen Verhaltens dieser Abteilung des Kaiser- 
jäger-Stnrmbataillons. 
Etwa 3 Uhr 30 früh find alle Vorbereitungen znm Rückmarsch getroffen. Zch lasse meine 
schwer bepackte Mannschaft antreten zu unserem „letzten Marsch"! 
Zn voller Ordnung geht es geschlossen nach Trient, vom Tenente und einigen seiner Leute 
begleitet. Wagen und Bespannung müssen den Ztalienern überlassen werden. 
Am Nordausgang der Stadt, an einem Tisch im Freien, von grellen Fackeln beleuchtet, sitzt 
der Kommandant des Lanoieri-Regimentes. Wir erhalten die Weisung, nach rechts, in eine dort 
befindliche Baracke zu marschieren. Lancieri begleiten uns. Rach wenigen Minuten sind wir im 
Finstern. Da bemerke ich, daß mir meine Leute nicht mehr folgen. Zch bleibe stehen und verlange 
zu meinen «Zägern gebracht zu werden. Man drängt mich mit Gewalt gegen die in einiger Ent¬ 
fernung stehende Baracke, vor welcher ein Sottotenente steht. Die Waffen werden mir abge¬ 
nommen. Auf meinen Protest erhalte ich zur Antwort: „Sie bilden keine Ausnahme, Sie find 
genau so Gefangener, wie alle anderen!" 
Dem seelischen «Zusammenbruch nahe, betrete ich die Baracke. Sie ist mit Offizieren unserer 
Armee gefüllt. Nach wenigen Schritten stoße ich auf meinen Bruder, welcher mit dem Stabe des 
XIV. Edelweißkorpskommandos gefangen worden war. 
Auch der Führer des Korps — der greife GdZ. v. Verdroß — von feinen «Zägern „Vater 
Verdroß" genannt, teilt mit seinen Soldaten das bittere Los der unverdienten Gefangenschaft. 
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