Volltext: Vom Frühjahr 1915 bis zum Kriegsende 1918 (2 ;)

Einige italienische Kavalleristen begleiten den Rittmeister und seinen Adjutanten, einen 
Leutnant. * 
diese beiden Offiziere kehren nicht inehr zu ihren Leuten zurück, aber bald nachher wird die 
Zahrmannschaft aufgefordert, die Waffen abzulegen und die Wagen zu verlassen. Fhr Komman¬ 
dant erteile ihnen vom Standorte des italienischen Regimentskommandos aus den Befehl 
hiezu. 
Meine Bedeckung sichert jetzt nur mehr unseren eigenen Fahrpark! 
inzwischen bricht die Dämmerung herein. Der italienische Offizier macht neuerliche Vor¬ 
schläge! ich gebe meinen Standpunkt nicht auf, sage jedoch zu, die Waffen abzulegen, wenn ich 
einen diesbezüglichen Befehl meines Korpskommandos erhalte, das ich in Trient vermute. 
ich erhoffe, durch dieses Ausharren doch noch freien Abzug zu erzwingen, vielleicht durch die 
nachrückenden Zrontregimenter Luft zu erhalten. Die Lage ist aber immer unbestimmter ge¬ 
worden! Vergebens hoffen wir noch auf den Kampflärm, der sich etwa durchschlagenden, kriegs¬ 
erprobten Regimenter! 
Datz unsere braven Kampftruppen inzwischen — Regiment für Regiment — auch entwaffnet 
worden waren, konnte ich allerdings nicht ahnen. 
Der 4. November 1918: Etwa um 2 Uhr früh stellt mir der Lancieri-Leutnant im Aufträge 
feines Regimentskommandanten ein Ultimatum, etwa folgenden inhalts: „Sie haben bis 4 Uhr 
früh die Waffen abzulegen und mit ihrer Mannschaft nach Trient zu marfchieren. Sie sind von 
unserer Infanterie, welche links und rechts der Straße in den Weingärten vorgezogen wurde, 
umschlossen. «Zeder Widerstand ist nutzlos. Falls Sie diesen Anordnungen nicht Folge leisten, 
sind wir leider gezwungen, um 4 Uhr früh das Feuer auf ihre Abteilung zu eröffnen!" 
Rach Überprüfung der von Seite der italiener getroffenen Maßnahmen, rufe ich meine Leute 
zusammen und kläre sie über unsere Lage auf. ich stelle ihnen nach ihrer Wahl frei, die Waffen 
abzulegen oder einen letzten Kampf zu wagen . . . und durchzubrechenl 
Unter Berücksichtigung der Umstände, daß wir von den italienern eingeschlossen waren, daß 
das Reich, für welches wir solange gekämpft, in Auflösung, der Krieg aber hiemit beendet war, 
kann ich nicht mehr erhoffen, daß man meinem Befehl, mit Waffengewalt noch im letzten 
Moment einen Durchbruch zu unternehmen, Folge leisten werde, ich gebe deshalb den Stand¬ 
punkt der unbedingten Befehlsgewalt Uber meine Untergebenen auf; ich will jeden von ihnen 
noch Gelegenheit geben, auf eigene Faust selbst den Weg zur Freiheit zu suchen. 
ich lasse den Leuten kurze Feit zu einer Beschlußfassung. 
Aber schon nach wenigen Minuten erscheint der älteste Unteroffizier mit der Meldung: 
„Herr Oberleutnant, ich melde gehorsamst, daß wir beschlossen haben, durrhzubrechen und wir 
bitten Herrn Oberleutnant, uns zu führen!" 
Überwältigend ist dieser heroische Entschluß der braven Kaiserjäger des Sturmbataillons — 
in den letzten Minuten des großen Krieges! Dieser Tränen der Rührung und des Soldatenstolzes, 
welche in meine Augen schießen, brauche ich mich nicht zu schämen. 
Das ist der Ausdruck der Treue des deutschen, alpenländischen Soldatenl 
Wie ein Lichtschein flammt diese Treue auf — am dunkel gewordenen Horizont! 
Das ist die Stimme des Blutes, die aus diesen einfachen Tiroler Herzen spricht und sich auf- 
bäumt gegen ein unverdientes Schicksal. 
Treue, deutsche Treue bis zum Letzten! 
Tief bewegt drücke ich dem Unteroffizier die Rechte und laste die Leute sammeln. 
Wir wollen den Durchbruch wagen! Dann denke ich aber an die unvermeidlichen Opfer 
deutscher Soldaten, welche noch bei diesen letzten Waffengang gebracht werden müssen. Rein! 
Diese Leute müssen der Heimat erhalten bleiben! 
Mich drängt es, diesen Braven Dank zu sagen, ob ihrer beispielgebenden Treue, Pflicht¬ 
erfüllung und Hingabe, ob ihres soeben gefaßten Entschlusses zu einem letzten Durchbruch. 
Z97
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.