Volltext: Vom Frühjahr 1915 bis zum Kriegsende 1918 (2 ;)

besichtigte der Heeresfrontkommandant, FM. Erzherzog Lugen, das Regiment auf dem Exerzier¬ 
plätze (Piazza d’armi). 
Der 29. Februar sah das Regiment mit einem Kampsstande von 85 Offizieren, 1026 Feuer- 
gewehren, 16 Maschinengewehren, 4 Musketen, 2 Minenwerfern, 2 Granatenwerfern, 2 2nfan- 
teriegeschUtzen bereits am Marsch in die neue Stellung am Borcolapasse. 
Das 4. Regiment auf dem Vorcolapaß — Winter 1916/17 
Auch das beiderseits des Borcolapasses stehende 4. Regiment hatte außerordentlich unter den 
Winterstürmen, unter Schnee und Lawinen zu leiden. Sie forderten nicht weniger Opfer als der 
Waffenkampf. Die Geschütztätigkeit war ganz an das Barometer gebunden. Bei Aebel und 
Regen blieben die feindlichen Rohre stumm, klärte sich der Himmel auf, dann pfiff und sauste 
es bald um die Köpfe der Verteidiger. 
Anfangs Dezember setzten am Borcolapaß schwere Schneestürme ein und große Lawinen 
waren eine alltägliche Erscheinung. Mitte Fänner nahmen die Schneestürme so zu und wurden 
so stark, daß sie die Paßhöhe sperrten. 
„So mancher braver 4er Kaiserjäger" — so schildert Obst. v. Preu die Schrecknisse dieses 
Gebirgswinters — „wurde von einer Lawine in die Liefe gerissen. Schier endlos schien es zu 
schneien, tagelang ohne Unterbrechung, ganz neue Bergformen entstanden vor unseren Blicken. 
Wir waren gezwungen, Schneetunnels anzulegen, um überhaupt in die Stellung gelangen zu kön¬ 
nen. Vom Regimentskommando in Foren bis zum Passe waren deren dreizehn. 2m Stellungs- 
teil des Oblt. Lauschinskg, knapp westlich der Paßstraße, wurde am 11. Dezember eine ganze 
Feldwache durch eine Lawine zu Eal gerissen. Eine andere Lawine zerstörte die Seilbahnstation 
auf dem Passe und verschüttete viele brave Kaiserjäger. Der Berpflegszuschub war unterbunden. 
Das am 10. Fänner 1917 unter dem Kommando des Hptm. Eartler am Borcolapaß eingetrof¬ 
fene XXV. Marschbataillon mußte zur Freimachung der tief verschneiten Wege und zum Ber- 
pflegszuschub verwendet werden. 2n der Reujahrsnacht stürzte der tapfere Oblt. Roman Ritter 
Winnicki v. Radziewicz von einem Felsen in die Liefe und wurde tot geborgen. 
Der vorzeitig mit ungeahnter Schärfe eingebrochene Gebirgswinter hielt auch über die 
Fahreswenüe hinaus die Besatzungen aller Höhenstellungen im Schach. Die Opfer, die der weiße 
Tod in diesem Winter aus den Reihen der Kaiserjäger riß, waren besonders schwer. Sie mußten 
die Schrecken eines besonders schneereichen, dabei aber durch häufiges Lauwetter unterbrochenen 
Bergwinters über sich ergehen lassen. Niemand von denen, die diese schweren Feilen im Gebirge 
miterlebt hatten, wird das Gefühl völliger Hilflosigkeit vergessen, mit dem der Mensch der ent¬ 
fesselten Naturgewalt gegenüberstand; 
Die schweren Verluste dieser Monate waren unvermeidlich. Wohl hatte man an der ganzen 
Alpenfront auf Grund der Erfahrungen des Vorjahres unter Beiziehung erfahrener Hoch¬ 
alpinisten das Menschenmöglichste getan, um Truppen, Troß und Stäbe aus dem Gesahrenbereich 
der Lawinen zu verlegen. Aber die Schueemassen spotteten allen Erfahrungen, und die Lawinen 
gingen über alte Wälder auf neuen Bahnen zu Tal, jegliches Leben auf ihrem Wege vernichtend. 
Fudem gestalteten es ja die Kampfhandlungen nicht allerorten, lawinengefährliche Stellen recht¬ 
zeitig zu räumen, und die Versorgung der Kämpfer mußte, trotz Gefährdung der Fuschubwege, 
aufrecht erhalten werden. 
Hart war die Arbeit des Mannes an der Front. Des Nachts bei einer barbarischen Kälte 
im angestrengtesten Postendienst auf einsamem Felsen, nichts als ein weites Schneemeer vor und 
um sich, mußte er nach Sonnenaufgang das Gewehr mit der Schaufel vertauschen, um der täglich 
fallenden Schneemassen Herr zu werden. Aber auch der so oft mit dem Leben bezahlte stille 
Heldenmut des Trägers, des Tragtierführers mit seinem braven Tiere war während dieser 
schweren Feit der Pflichterfüllung, der in den Höhenstellungen, trotz aller Wetterunbilden auf 
ihrem Posten ausharrenden Truppe, zumindestens gleichzusetzen. Rur den musterhaft vorberei¬ 
teten Wintervorsorgen und dem Ansammeln von Wintervorräten in Höhenmagazinen war es 
zu danken, daß die Kampftruppe verpflegt werden konnte." 
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