Volltext: Viribus Vnitis. Das Buch vom Kaiser

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Kriegshafen. Als sprechende Zeugen aus den Römertagen blieben; der schön erhaltene Tempel der Minerva, ein römischer Triumph 
bogen und die Arena. Mit grosser Mühe waren in dem von riesigen Bogenfenstern umschlossenen Raume Scheiterhaufen errichtet 
worden und diese wurden, als die Nacht hereinbrach, angezündet. Riesengross leuchteten diese glühenden Oeffnungen, gleich den 
Augen eines Ungethüms auf das Meer hinaus; sie beleuchteten die Menschen an der Küste, die zahllosen Fahrzeuge, Dampfer, 
Segler, Boote, die sich in dem grellen Lichte hin und her bewegten. 
Vor vierzig Jahren noch, war der Quarnero und die heutige »österreichische Riviera« ein wenig besuchtes Gestade. 
Wenige Touristen und Forscher kannten dasselbe und für die grosse Welt war es ein verlorener Seewinkel. Die Dinge änderten 
sich nach der Vollendung der Eisenbahn. In der Presse, vielleicht aber zuerst in der »Wiener Zeitung«, wurde auf den wunder 
vollen Golf und auf die Lorbeerhaine bei Abbazi a, am Fusse des Monte Maggiore und in der Nähe des aufstrebenden Handels 
platzes Fiume, hingewiesen. Den Winken folgte zunächst die Direction der Südbahn, an deren Spitze der unvergessliche Friedrich 
Schüler stand, und bald andere Freunde des Meeres und eines südlichen Klimas. In wenigen Dezennien erstand an dem Strande 
von Abbazia, wo man vordem nur wenige Landhäuser der Fiumaner Schiffsrheder und ärmliche Fischerdörfer erblickte, die glänzende 
österreichische Riviera, welche heute mit entschiedenem Erfolge der französischen und italienischen Riviera am Mittelmeere 
Concurrenz macht. Die Mitglieder des Kaiserhauses blieben in der Vorliebe für Abbazia nicht zurück; die Kronprinzessin Stephanie 
wählte die Villa Angiolina oft zu ihrem Winteraufenthalt; eine Anzahl von Wiener und ungarischen Aristokraten und Patriziern 
Hessen schöne Villen am Strande erbauen. Je herrlicher die junge Schöpfung sich entfaltete, um so reger wurde der Wunsch, 
dass Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph dieselbe in Augenschein nehmen möchte. Und dieser Wunsch sollte bald in Er 
füllung gehen. 
Im Frühling 1894 hatte die deutsche Kaiserin mit ihren Kindern in Abbazia längeren Aufenthalt genommen 
und bewohnte die Villa Amalia. Im März traf auch Kaiser Wilhelm II. in Abbazia ein und am 29. März kam Kaiser Franz Joseph, 
um seinen Freund und Bundesgenossen zu begrüssen. Der Quarnero hatte sich gerüstet, um den Kaiser würdig zu empfangen. 
Fiume und Abbazia, Volosca und die junge Fremdencolonie am Meeresstrande prangten im Festschmucke. In den Hafenplätzen 
hatten die Schiffe, Dampfer, Segler, Yachten, Schifferboote Gala angelegt. Vor Abbazia ankerte das deutsche Kriegsschiff »Moltke«, 
welches in grosser Gala prangte. Allüberall bunte Fahnen, bunte Wimpel und Blumen. Vom öden Karst hernieder waren die 
armen Tschitschen, wohl die ärmste Bevölkerung in Oesterreich, gestiegen, um in ihren Sonntagskleidern, den Monarchen zu be 
grüssen. Durch den Aufschwung der Küstenorte hatten diese, meistens Kohlenbrenner und kleine Feldbauern, nicht am wenigsten 
gewonnen. Am Abende nach der Ankunft des Kaisers bot das Meer in künstlicher Beleuchtung, einen unbeschreiblich schönen 
Anblick. Die eigenthümliche Gestaltung der Ufer Hess grossartige Effecte erzielen. Der Kaiser widmete sich, nach dem Empfange 
der Deputationen, darunter jene der schwarz gekleideten Delegierten der Insel Veglia, vorwiegend der Familie des deutschen Kaisers. 
Im Parke wandelten die befreundeten Monarchen und hier war es, wo Kaiser Franz Joseph auf Ungarn zu sprechen kam und 
seine grosse Liebe zum ungarischen Volke gewissermassen dem Herzen seines hohen Freundes anvertraute. 
INNSBRUCK; EINE HI 
STORISCHE ABTHEI 
LUNG D. FESTZUGES. 
In welchem Lande der Welt könnte man so freudige Schauspiele erleben, als in Tirol? Ringsum das Hochgebirge; 
die alte Hauptstadt Tirols, Innsbruck, erglänzt und leuchtet im Sonnenlicht; der phantastische Berggipfel, die »Frau Hitt«, scheint 
hernieder zu lachen auf das Menschengetriebe zu seinen Füssen. Ueberall Waffengeklirr; Gleissen und Funkeln von Schwertern, 
Stutzen und Morgensternen; Kanonendonner vom Gebirg hernieder; Schlachtrufe und der schrille, markdurchdringende Ton der 
Schweglerpfeifen. Ist das der Tiroler Landsturm aus dem berühmten Gemälde Defregger’s; kommt er aus dem Wald und Gebirg 
hervor? Fürwahr, so schreiten sie daher: wild und abenteuerlich; in Gruppen, in Compagnien, mit zerfetzten Fahnen, eine Gestalt 
prächtiger, malerischer als die andere und das Ganze zusammen ein grosses, herrliches, wildbewegtes Bild. 
Auf dem Berge Isel, eine halbe Stunde von Innsbruck entfernt, im grünen Forste, erhebt sich das Standbild des Volkshelden 
Andreas Hofer. Der Kaiser ist gekommen, um der Enthüllung des Monumentes beizuwohnen und das Land ist auf den Ruf: »Der 
Kaiser kommt!« aufgestanden, hat sich erhoben wie zu einem neuen Siegesfeste und seine besten Mannen nach dem Berge
	        
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