Volltext: Oberösterreichische Männergestalten aus dem letzten Jahrhundert

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gingen eben erst jetzt von der richtigen Voraussetzung aus: 
Es mußte ein großer, anerkannter Sänger gefunden werden, der 
sich der prächtigen Lieder des unbekannten Wiener Komponisten 
annehmen wurde. In echt jugendlichem Ueberschwang und 
im vollen Bewußtsein ihrer vortrefflichen Sache gingen sie 
gleich aufs Ganze. Ihre Wahl fiel auf den besten Wiener 
Sänger seiner Zeit, auf den berühmten Operntenor des 
Kärntnertheaters Johann Michael Vogl. 
Als Sohn eines tüchtigen, unerschrockenen Schiffmeisters 
kam Vogl am 10. August 1768 in Steyr zur Welt. Der Vater 
starb indessen bald und der so früh verwaiste Junge wurde 
1776 bezahlter Sängerknabe am Chore der Stadtpfarrkirche 
seiner Vaterstadt. Dann ging's ans Gymnasium ins Stift 
Kremsmünster, wo der Jüngling auch philosophische Studien 
betrieb und kraft seines großen Fleißes eine umfassende All 
gemeinbildung erlangte. Eine gewisse Lernbegierde begleitete 
ihn treu durchs ganze Leben und auch seine Neigung zum Theater 
zeigte, ja entwickelte sich schon in frühen Jahren. 
Es ist durch Aufzeichnungen erwiesen, daß Vogl in manchen 
der kleinen Schauspiele und Singstücke, die von den Zöglingen 
des Stiftsgymnasiums vorgeführt wurden, eifrig mitwirkte. 
Vielleicht gerade deshalb, weil diese Darbietungen von vielen 
Menschen aus der Umgebung von Kremsmünster regelmäßig 
besucht wurden, regten sie sein Talent zu ganz besonderer Teil 
nahme an. Dazu kam noch ein anderer Umstand! Unter Vogls 
Studiengenossen befand sich auch ein ausgezeichneter Musiker, 
Franz Taver Süßmayr (1766—1803), der später sogar Mozarts 
Schüler wurde, an dessen Festoper „Titus" mitarbeitete und 
nach dem Tode des Meisters dessen Requiem auf Grund der 
vorhandenen Skizzen in der Partitur beendigte. 
Vogl und Süßmayr schlossen innige Freundschaft fürs 
ganze Leben und beide faßten den Entschluß, den kleinen 
Verhältnissen in Kremsmünster den Rücken zu kehren und in 
der Kaiserstadt an der Donau ihr Heil zu suchen. So kamen 
sie, den Kopf voll hoher Ideen, wagemutig nach Wien. In 
der Großstadt angekommen, suchten die beiden Freunde durch 
fleißiges Studium einen höheren Lebensberuf zu erringen. 
Vogl ging an die Universität, studierte Jus und wurde zu 
nächst Beamter. Auf Veranlassung Süßmayrs aber, der 1792 
die Kapellmeisterstelle am Theater nächst der Burg erhielt, 
wandte er sich der Bühne zu und betrat am 1. Mai 1794 
zum erstenmal die weltbedeutenden Bretter der Wiener Hof 
oper am Kärntnertor. Für den Sänger war es von großem
	        
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