Volltext: Von Dante zu d'Annunzio

es gute und böse Götter, die uns regieren, und gute und böse 
Menschen? 
eine solche Fragestellung gilt, wie gesagt, seit einiger Zeit in 
manchen Kreisen als vorurteilsvoll und kindisch, diele halten das 
ganze Problem für überwunden. Sie sagen: Die moderne Psychologie 
und Physiologie hat längst mit diesen Kategorien aufgeräumt, denn 
sie sind interpoliert und abstrakt. Jeder Mensch ist teils gut, teils 
böse. ,Gut’ und ,bö{e‘ sind zwei begriffliche Extreme, zwischen denen 
die Wirklichkeit liegt. Die Datur zeigt nirgends Sprünge. Gs gibt 
bestenfalls nur Übergänge, Grade und Differenzen. Dach dieser Cbeorie 
handelt es sich also bei Gut und Böse nur um psychologische Integrale, 
und der ganze Dualismus fällt in sich zusammen. 
Jlber so plausibel diese Darlegungen auch klingen: sie sind doch 
nichts anderes als spirituelle Gerirrungen. Wir hören sie, und hören sie 
doch auch nicht. €s gibt auf dem Grunde unseres Denkens ein Wissen, 
das positiver und ursprünglicher ist als alle gelehrten Erkenntnisse, 
seien sie nun logischer oder empirischer Datur- Gerade dieses Wissen,- 
obgleich es uns auf die einfachste und müheloseste Weise schon bei 
unserer Geburt zugefallen ist, leitet uns einzig und allein, und es 
leitet uns am besten und sichersten. Dieses einfältige, gesunde und 
gradlinige Wissen, das dem gemeinen Manne ebenso eigen ist wie 
dem echten Gelehrten, schiebt diese psychologischen Deduktionen von 
sich und verharrt beim Dualismus. 
Indes, man mutz auch theoretisch einwenden: Übergänge zeigt 
die Datur freilich allenthalben, aber diese Übergänge sind ihr nicht 
das Wichtige. Sie sind meist nur Gersuchsreihen, rudimentäre Formen, 
die nicht recht lebensfähig sind. Die Datur kann freilich keine Sprünge 
machen, und daher mutz sie durch diese Übergangsformen hindurch; aber 
sie benützt sie nur als Hilfslinien und Dotbrücken, um zu ihrem eigentlichen 
Ziel zu gelangen: den scharf gegliederten Gruppen und Kelchen. Was 
sie will, sind die Unterschiede und nicht die verwaschenen Übergänge. 
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