Volltext: [Der Weltkrieg 1914 bis 1918 / Die militärischen Operationen zu Lande ] ; Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Die militärischen Operationen zu Lande. 14,1 Die Kriegführung an der Westfront im Jahre 1918 : [Hauptbd.] (14,1 1944)

632 Die deutsche Westfront in der Abwehr. Das Waffenstillstandsersuchen. 
„Katastrophe" entstanden, sondern aus der Erkenntnis, daß die Lage sich 
militärisch nicht mehr bessern könne und daß daher alles getan werden 
müsse, um so bald als möglich die Einstellung der Feindseligkeiten zu er¬ 
reichen. Stellten die Gegner entehrende Forderungen, so konnten daraus 
Heer und Volk neue Kraft schöpfen zu heroischem Widerstande bis zum 
letzten. Ein Waffenstillstand konnte zwecklosem weiterem Blutvergießen 
vorbeugen, nachdem irgendwelche Fortschritte auf dem am 9. September 
der Reichsregierung freigegebenen Wege, „Friedensvermittlung durch eine 
neutrale Macht ohne Aufschub'"), innerhalb von drei Wochen nicht zu 
verzeichnen waren. 
2s.s«pt«mb-.. Am 29. September morgens traf Staatssekretär von Hintze in Spa 
ein. Er hatte zunächst eine Besprechung mit dem Generalseldmarschall und 
General Ludendorff, bei der auch Oberst Heye zugegen war^). Nachdem 
der Staatssekretär einen Überblick über die politische Lage gegeben hatte, 
erklärte General Ludendorff dem Sinne nach, die Lage des Heeres 
mache sofortigen Waffenstillstand nötig. Diese Erklärung kam dem Staats- 
sekretär völlig überraschend und erweckte bei ihm den Eindruck, daß eine 
„Katastrophe" im Verzuge sei^). Er schlug als Erstes die abends vorher 
im Auswärtigen Amte besprochenen innerpolitischen Maßnahmen, söge- 
nannte „Revolution von oben", vor. Lehne man diese ab, dann bleibe nur 
die Diktatur, die allerdings militärische Erfolge in absehbarer Zeit zur 
Voraussetzung habe. Da mit solchen nicht gerechnet werden konnte, ging 
General Ludendorff auf diesen Gedanken nicht ein. Zur Herbeiführung 
eines sofortigen Waffenstillstandes schlug der Staatssekretär vor, an Prä¬ 
sident Wilson auf Grund der von ihm verkündeten 14Punkte ein Friedens¬ 
ersuchen zu richten. 
Dann fand die entscheidende Aussprache beim Kaiser statt, der 
soeben von einer Reise nach Kiel zurückkehrte. Dabei kam der General- 
geständnis jede weitere Kampfhandlung als nutzlos an und drang auf Herbeiführung eines 
Waffenstillstandes, um jedes Blutvergießen während der Verhandlungen zu vermeiden. 
Hierbei glaubte er, daß ähnlich wie im deutsch-französischen Kriege von 70/71 und im russisch- 
japanischen Krieg der Beginn von Friedensverhandlungen automatisch die Einstellung der 
Kampfhandlungen, also den Waffenstillstand, herbeiführen müsse. Der satanische Ver¬ 
nichtungswille des Feindes wurde von ihm und uns ebenso unterschätzt wie die Gefahr 
des völligen Staatszusammenbruchs". 
*) S. 627. 
2) Aufzeichnungen über die Besprechung sind erst später gemacht worden und in 
Einzelheiten einander widersprechend. 
3) In dieser Auffassung will er noch dadurch bestärkt worden sein, daß Oberst Heye 
ihm bei dieser Gelegenheit erzählt habe, General Ludendorff habe in den letzten Tagen 
fast jeden Abend ihm zugerufen: „Heye, jetzt sind sie durch".
	        
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