Marneschutz/Reims-Angriff. Der zweite Angriffstag.
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An der Front der 3. Armee war die Nacht verhältnismäßig ruhig
gewesen. Generaloberst von Einem hatte um 2° morgens auf Grund einer
Weisung der Heeresgruppe befohlen, daß der äußerste rechte Flügel sich
dem Angriff der 1. Armee anzuschließen habe; die übrige Front sollte, bis
auf eine geringe Stellungsverbesserung im Räume des XVI. Armeekorps,
zur Abwehr übergehen. Die befohlenen Angriffe kamen aber nicht in Gang.
Die Kraft der Truppen reichte in keiner Weise mehr aus, den vorbereiteten
Widerstand des Gegners zu überwinden. Gefangenen-Aussagen klärten die
Lage endgültig dahin, daß der Feind „das Gelände vor seiner II. Stellung
als Hauptwiderstandslinie eingerichtet hat. Artillerie sehr tief gegliedert.
Hauptmasse hinter III. Stellung. Nur vereinzelte Batterien (Sturm- und
Tankabwehr-Batterien) vorwärts II. Stellung. Nach Gefangenenaussage
hat man mit deutschem Angriff gerechnet und sich darauf eingerichtet.
Die Einnahme der großen Tiefengliederung ist erst in den letzten Tagen
erfolgt".
o) Die Einstellung des Angriffs.
Wie sich der Obersten Heeresleitung die eigene und feindliche is./l?. g»n.
Kräfteverteilung an der Angriffsfront darstellte, zeigt eine Lagen¬
karte vom 17. Juli 6° früh. Nach dieser standen südlich der Marne etwa
sechs französische Divisionen acht deutschen gegenüber, an der Ostfront der
7. Armee nördlich des Flusses höchstens vier feindliche, davon zwei italie¬
nische, gegen sieben deutsche. In dem beim Angriff ausgesparten Teil
des Bogens um Reims, von Vrigny ausschließlich bis westlich von Prunay,
war das Stärkeverhältnis nach Zahl der Divisionen mit etwa vier gegen
vier gleich, während weiter östlich bis Tahure sieben französische elf deutschen
gegenüber standen. Insgesamt schien sich also für die eigene Seite immer
noch eine Überlegenheit von 30 gegen 21 Divisionen in der Front zu
ergeben. Dazu kamen an frischen Reserven deutscherseits lS Divisionen;
beim Gegner wurden nur etwa sechs angenommen.
Gewiß konnte man bei einem Kräfteverhältnis von im ganzen 45
gegen 27 Divisionen (bei Angriffsbeginn rechnete man mit 47 gegen 231))
den Angriff durchaus fortsetzen, aber er hätte angesichts der starken feind¬
lichen Stellungen erst nach neuer gründlicher Vorbereitung und, da der
Gegner leicht noch weitere Reserven heranbringen konnte, nur in der
Form einer kräfteverzehrenden Dauer- und Materialschlacht weitergeführt
werden können. Die aber wollte man gerade vermeiden. Auch brauchte
der Gegner dabei noch gar nicht einmal aus Reserven von der Flandern-
Front zurückzugreifen; denn es standen ihm noch genügend frische Kräfte
i) Vgl. S. 444; tatsächliche Stärke des Gegners S. 460.