Volltext: Die Sozialversicherung und die Christlichsoziale Partei

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nicht unbebautes Ackerland, sondern frühere Jahre hatten 
bereits Gesetze auf diesem Gebiete geschaffen, in deren Folge 
Einrichtungen entstanden, mit denen gerechnet werden 
mußte. Es bestehen die verschiedenen Formen der Kranken 
kassen, es besteht die Unfallversicherung, es trafen sich auf 
diesem Gebiete die verschiedenen Interessengegensätze und 
bei jedem Punkt, der reformiert werden mußte zugunsten des 
einen Teiles, klagte meistens der andere Interessent über 
Zurücksetzung und Benachteiligung. Der Motivenbericht ent 
hält auch die Kritik, welche das Programm von 1908 in der 
Öffentlichkeit erfuhr. Es wird in jedem einzelnen Falle be- 
gifindet, warum die Regierungsvorlage diesen bestimmten 
Ausweg, diese Lösung, diese Formulierung gewählt habe. 
Dabei muß dem Motivenbericht zugestanden werden, daß 
er mit sozialem Verständnis und sozialem Empfinden be 
müht ist, die beste Lösung zu finden. Es soll damit aber 
.durchaus nicht gesagt sein, daß das auch jedesmal der Fall 
war. Manchmal bekommt man den Eindruck, als ob vielleicht 
doch der eine oder der andere der beteiligten Faktoren zu 
hoch eingeschätzt oder zu sehr berücksichtigt wurde. Sache 
der Volksvertretung wird es in dieser Hinsicht sein, die 
Lösung der Regierungsvorlage zu prüfen und allenfalls einen 
anderen Ausweg zu suchen. 
Der Motivenbericht bringt uns auch ein bedeutendes 
Material an Statistik. Dasselbe genügt zum ersten Studium 
des ganzen Werkes und erhärtet sofort eine große Anzahl 
der aufgestellten Sätze. Zur endgültigen Beurteilung wird 
aber noch mancher weiterer Weg notwendig sein. 
Übrigens ist auch der Motivenbericht sich bewußt, daß 
er nach dieser Seite hin ganz besondere Lücken aufweist, 
indem es dort heißt: ,,Eine ausführliche Darstellung über 
.die bei Berechnung des Kostenerfordernisses angewendeten 
versicherungstechnischen Methoden, über den Gang und die 
Ergebnisse dieser Berechnungen wird Vorbehalten.“ 
Organisation. 
Ein wichtiges und gewiß auch schwieriges Kapitel war 
die Organisation. Es gab mehrere Formen und war es selbst 
verständlich, daß auch .verschiedene Vorschläge sich melden 
werden. Die Form der Regierungsvorlage — es scheint die 
beste zu sein, indem sie einerseits die wünschenswerte 
Selbständigkeit der drei großen Versicherungszweige wahrt, 
andererseits aber noch in einer Lokalstelle einen Knotenpunkt 
schafft, der alles zusammenfaßt. Dadurch sind die drei 
Hauptversicherungen in ihrer Autonomie nicht im gering 
sten angegriffen oder gefährdet, während anderseits in der 
Bezirksstelle ein Mittelpunkt vorhanden ist, welcher auf 
dem ganzen Gebiete der Sozialversicherung mit den Ver 
sicherten einen ständigen Kontakt aufrechterhält. Eine solche 
lokale Geschäftsstelle mußte geschaffen werden. Die Kran 
kenkasse konnte nur dann in Betracht kommen, wenn ihre 
Organisation ganz einheitlich wäre. Sie kommt aber nicht in 
Betracht, solange die bisherigen Formen bestehen bleiben. 
Auch für diese ist die Schaffung eines Mittelpunktes wün 
schenswert; besonders notwendig aber wurde eine Mittel 
stelle zwischen der Unfallversicherungsanstalt und den Ver~ 
sicherten.
	        
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