Volltext: Die neueste Geschichte des jüdischen Volkes (9, Die Neueste Geschichte / 1929)

ihnen statt dessen in einer Fülle von wissenschaftlichen Aufsätzen, in 
zahlreichen Briefen an seine literarischen Freunde, ja sogar in Ge 
dichten Ausdruck verliehen. Seine Erstlingsschrift war die 1825 er 
schienene Sammlung lyrischer und epischer Gedichte „Kinnor naim“; 
bald verzichtete er jedoch auf diese Art des literarischen Schaffens 
und widmete sich, ohne seiner Dichternatur im Inneren untreu zu 
werden, ganz der wissenschaftlichen Tätigkeit, insbesondere der Bibel 
exegese, der Philologie und der Geschichte der mittelalterlichen Lite 
ratur. In den von ihm verfaßten Bibelkommentaren (zum Pentateuch, 
zu den drei großen Propheten, zum Buche Hiob und zu den Sprüchen 
Salomos) sah er von jeder gewaltsamen Auslegung des Textes in 
traditionellem oder in rationalistischem Geiste ab und suchte den dem 
Bibeltext innewohnenden Sinn allein aus dem Geiste der Ursprache 
heraus zu erfassen. Daneben durchforschte er die aramäische Über 
setzung des Pentateuchs, den „Targum Onkelos“ („Oheb ger“, Wien 
i83o), gab eine italienisch abgefaßte Grammatik der Bibelsprache 
heraus (Padua, i836 und i853), übersetzte die Thora sowie die 
Bücher Jesaja und Hiob ins Italienische, kommentierte die Dichtun 
gen des Jehuda Halevi sowie die liturgische Poesie der mittelalterlichen 
„Pajtanim“ und stand überdies in einem regen Briefwechsel mit sei 
nen Fachgenossen, in dem kaum ein Gebiet der damaligen jüdischen 
Wissenschaft unberücksichtigt blieb. Neben Rappoport war Luzzato 
der Hauptmitarbeiter an dem in Briefform veröffentlichten Teil des 
„Kerem chemed“. Die hebräischen und italienischen Briefe des Luz 
zato, die nach seinem Tode gesammelt und in Buchform veröffent 
licht worden sind („Iggeroth Schadal“, 1882; „Epistolarium“, 1890), 
gewähren uns in die rastlose Arbeit dieses originellen Kopfes Einblick. 
Auf den ausgetretenen Pfaden der Aufklärung wandelte hingegen 
der gleichfalls um jene Zeit im österreichischen Italien wirkende 
Isaak Samuel Reggio (Jaschar, 1784—1855), der in Görz (Illyrien) 
das Rabbiner- und Lehreramt innehatte. In seinem Buche „Ha’thora 
we’ha’philosophia“ (1827), in den wissenschaftlichen Briefen „Igge 
roth Jaschar“ (i834) sowie in seinem Kommentar zu der „Prüfung 
des Glaubens“ des Elias Delmedigo („Bechinath ha’dath“, i833) war 
er bestrebt, die Religion mit der Wissenschaft auszusöhnen. Einen 
Schritt weiter in der von ihm eingeschlagenen Richtung tat er in sei 
nem letzten, zur Zeit der Reformkämpfe innerhalb der deutschen 
Judenheit veröffentlichten Werke: „Die Prüfung der Tradition“ („Be- 
Die Zeit der Reaktion in Österreich
	        
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