Volltext: Die neueste Geschichte des jüdischen Volkes (10, Die Neueste Geschichte / 1929)

§ 24. Die Dreyfus-Affäre 
„Nationalisten“ zusammengeschlossen, einen erbitterten Kampf gegen 
die republiktreuen Radikalen und Sozialisten führten. 
Am schlimmsten trieben es die Antisemiten in Algerien, wo die im 
Zusammenhang mit der Dreyfus-Affäre herrschende Geistesverwir 
rung den Feinden der Juden eine günstige Gelegenheit bot, ihre Pläne 
zur Ausführung zu bringen. Bereits im Jahre 1897 wurden in den, 
wichtigsten Landeszentren (in den Städten Algier, Oran und Constan- 
tine) „antijüdische Ligen“ gegründet, die in die Provinz Hetzredner 
entsandten und die niedrigsten Leidenschaften der Menge aufpeit 
schende Blättchen („L’Anti-Juif“ u. a.) unterstützten. Als in der Uni 
versität von Algier der neuernannte jüdische Professor der Rechts 
wissenschaft Levy zur Vorlesung erschien, ließen ihn die Studenten 
nicht zu Worte kommen, überhäuften den hinzueilenden Rektor mit 
Schmähungen und zertrümmerten kurz darauf die Fensterscheiben in 
der Redaktion des gegen den Unfug protestierenden Lokalblattes. In 
der Provinz Oran verwüstete eine buntscheckige, aus Franzosen, Ita 
lienern, Spaniern und Arabern bestehende Menge die Synagogen und 
plünderte die jüdischen Häuser aus. In der Stadt Mostaganem kam 
es zu einer Schlägerei zwischen Christen und Juden, wobei diese, 
nachdem sich ihren christlichen Feinden auch die Muselmanen ange 
schlossen hatten, aufs übelste zugerichtet wurden (Mai 1897). Ih 1 * 611 
Höhepunkt erreichte aber die Pogromwelle im Jahre 1898. Die Pa 
riser Kundgebungen gegen den für Dreyfus eintretenden Zola zogen 
in der Hauptstadt Algeriens unverzüglich einen regelrechten Pogrom 
nach sich. „Hauen wir jeden Juden entzwei, damit sich ihre Zahl ver 
doppele!“ — so spotteten nach Henkersart die algerischen Hetzredner. 
Als ihr Wortführer, ein junger italienischer Abenteurer namens Max 
Regis, verhaftet und dem Gericht überantwortet wurde, veranstaltete 
die Menge gegen den pflichttreuen Gouverneur eine feindliche Kund 
gebung, und das Gericht beeilte sich daraufhin den judenfeindlichen, 
Italiener freizusprechen. Eine weitere Verschärfung erfuhr die antijüdi 
sche Bewegung in der französischen Kolonie, nachdem in Algier der 
dort für das Parlament kandidierende Papst des Antisemitismus, Dru- 
mont, eingetroffen war. Der Gast aus Paris konnte mit Befriedigung 
feststellen, daß die von ihm verfochtenen Prinzipien auf afrikani 
schem Boden bereits praktische Geltung erlangt hatten. Die sieghaften 
Antisemiten entsandten ihren Häuptling Regis nach Paris und beauf 
tragten ihn, die Ursachen der antijüdischen Unruhen in entsprechen
	        
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