Volltext: Die neueste Geschichte des jüdischen Volkes (8, Die Neueste Geschichte ; 1928)

§ 2. Die Rechtlosigkeit und die Aufklärung in Deutschland 
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zu machen . . . Ausgeschlossen von allem Nahrungserwerb, vom Hand 
werk, vom Ackerbau, von allen Bedienungen des Staates, bleibt allein 
die Handlung, und auch diese noch mit vielen Einschränkungen, das 
einzige Erwerbungsmittel unserer Kolonie“. Auch der Staat — so be 
tonten ferner die Bittsteller — „muß gewinnen, wenn eine ansehnliche 
Kolonie, die bis jetzt in Mutlosigkeit versunken ist, durch eine mil 
dere Behandlung zu nützlicheren Untertanen umgebildet wird“. Die 
demütigen Vorstellungen schlossen mit der Bitte, daß der König eine 
Kommission einsetzen möge, die in Gemeinschaft mit den Vertretern 
der Judenheit die diese betreffenden Gesetze zu überprüfen und Vor 
schläge zur Verbesserung der staatsbürgerlichen Stellung der Juden 
auszuarbeiten hätte. 
Der König gab der Bitte statt und erteilte dem Generaldirektorium 
einen in diesem Sinne gehaltenen Befehl. Hierauf forderte das Di 
rektorium die jüdischen Gemeinden auf, unverzüglich Bevollmächtigte 
zu wählen, die der Kommission die Wünsche der gesamten Juden 
heit mitteilen sollten. Am 17. Mai 1787 überreichten die „Deputierten 
der sämtlichen jüdischen Kolonien in den Preußischen Staaten“ der 
mit der „Reform des Judenwesens“ betrauten königlichen Kommis 
sion ein „Untertänigstes Promemoria“, eine umfangreiche Denkschrift, 
in der nach Aufzählung aller für die Juden geltenden Rechtsbeschrän 
kungen die Bitte ausgesprochen wurde, bei der Ausarbeitung des 
Reformprojektes nicht etwa das harte Reglement vom Jahre 1750 
zum Ausgangspunkt zu nehmen, sondern dem gemeinsam mit den jü 
dischen Deputierten aufzustellenden Reformplan die Prinzipien der 
Toleranz und der Menschenachtung zugrunde legen zu wollen. 
Das einzige positive Ergebnis all dieser Bemühungen war die Be 
freiung der Juden preußischer Staatsangehörigkeit von der Schmach 
des „Leibzolls“ (1787). Die auf königlichen Befehl eingesetzte Be 
amtenkommission erhielt vom Generaldirektorium eine Instruktion 
(vom 10. Dezember 1787), die vom alten Geiste des Judenhasses und 
der Kasernenzucht erfüllt war. Die Anweisungen liefen im wesent 
lichen auf folgendes hinaus: die Verbesserung der Lage der Juden 
müßte aufs genaueste dem Nutzen entsprechen, den der Staat von 
ihnen zu erwarten habe; angesichts dessen, daß die Not die Juden 
auf den Weg unerlaubten Erwerbes treibe, sei eine Milderung der für 
sie geltenden Beschränkungen der Gewerbefreiheit geboten, doch sei 
andererseits nicht außer acht zu lassen, daß eine Erweiterung ihrer
	        
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