Volltext: Die neueste Geschichte des jüdischen Volkes (8, Die Neueste Geschichte ; 1928)

Der Emanzipations- und Kulturkampf in Deutschland 
teten Fixum an Einreisegebühren), Schutzgenossen der Schutzjuden, 
Angestellte, Dienstboten und schließlich Ortsfremde. Nun erfuhr aber 
die preußische Regierung zu ihrem Schrecken, daß darüber hinaus 
viele Juden „unter allerlei Vorwand — wie es im königlichen Befehl 
hieß — seit einiger Zeit daselbst sich eingeschlichen haben, die zum 
Schaden der christlichen Kaufleute verschiedene ihnen nicht zu 
stehende Gewerbe getrieben“. Im Hinblick darauf schien es dem König 
geboten, für die jüdische Bevölkerung von Breslau die feste Norm von 
höchstens 160 Familien festzusetzen. Die Häupter dieser 160 der an 
geführten Skala gemäß eingeteilten Familien sollten als gesetzliches 
Wohnrecht genießende „Schutzjuden“ gelten, doch durften auch 
diese Glücklichen sich nicht nach Belieben weiter vermehren, sondern 
höchstens einen ihrer Söhne verheiraten, auf den sich zugleich die 
„Familiennummer“ vererben sollte; für die anderen Söhne war der 
neuen Ordnung gemäß das Eingehen einer Ehe entweder mit dem 
Auszug aus Breslau verbunden, oder aber nur dann möglich, wenn 
die Braut im Besitze einer vakant gewordenen Nummer war. Des 
weiteren enthielt der Erlaß eine ganze Reihe von Vorschriften, die 
jede Veränderung im Personalbestände der 160 in die Norm ein 
begriffenen Familien, die vorübergehende Duldung überschüssiger Ju 
den, die Erhebung von Sonderabgaben, die Tätigkeit der einem be 
sonderen Polizeikommissar unterstellten Ältesten u. dgl. m. in sub 
tilster Weise einer Regelung unterzogen. Desungeachtet glaubte der 
König, weil sein Erlaß manche Härten des ehedem geltenden Regle 
ments Friedrichs II. beseitigte, recht milde zu Werke gegangen zu 
sein, weshalb er in der Einleitung ausdrücklich betonte, daß es ihm 
hierbei allein um „das Glück und die Wohlfahrt“ der „sich zur 
jüdischen Religion bekennenden Einwohner“ zu tun sei. Allerdings 
unterließ er es zugleich nicht, seine gute Absicht wie folgt zu inter 
pretieren: „Ob wir nun zwar wünschen, diese Nation den übrigen 
Staatsbürgern völlig gleichzumachen und sie an allen Rechten der 
Bürger teilnehmen zu lassen, so stehen diesem unserem Vorsatze doch 
Hindernisse entgegen, welche zum Teil in ihren religiösen Gebräuchen, 
zum Teil in ihrer ganzen Verfassung liegen, und die gänzliche Aus 
führung, wenigstens vorderhand, noch unmöglich machen“. 
So verharrten denn die Juden in Preußen „vorderhand“ in einer 
Hölle, die mit guten Vorsätzen des Königs gepflastert war. Immerhin 
sollte sich Friedrich Wilhelm II. menschenfreundlicher zeigen als
	        
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